Vom Laufsteg in den Ring: Mohamad Mardenlis Aufstieg zur K.o.-Maschine

Es passierte spät – aber mit einem Knall. Während andere längst den Ring verlassen haben, betrat Mohamad Mardenli ihn erst – und zwar mit der Wucht eines Naturereignisses. Aus dem Berliner Großstadttrubel, durch Höhen und Tiefen eines bewegten Lebens, hinein in die Boxwelt, in der er heute alles auf den Kopf stellt. Ein Mann, der mit 33 die Handschuhe schnürte – und mit 40 ungeschlagen an der Spitze steht. Keine Jugendförderung, keine Amateurkämpfe, keine klassischen Karrierestufen – nur Wille, Disziplin und unbändiger Hunger. Was wie ein Underdog-Märchen klingt, ist Realität. Und der nächste große Moment steht bevor.

Von Beirut nach Berlin: Frühe Jahre und der erste sportliche Weg

Mohamad Mardenli wurde 1984 in Beirut geboren und floh als Kind mit seiner Familie nach Deutschland. Im Berliner Stadtteil Neukölln wuchs er auf und wollte Fußballprofi werden. Jugendstationen wie Tasmania Berlin und Blau-Weiß 90 waren Etappen auf dem Weg, der jedoch durch eine Knieverletzung jäh endete.

Ein zweites Standbein entwickelte er in der Modebranche. Mit ausdrucksstarkem Gesicht und sportlichem Körper wurde Mardenli Werbegesicht für Marken wie L’Oréal, Joop und Hugo Boss. Was niemand ahnte, der nächste große Auftritt würde nicht auf dem Laufsteg, sondern im Boxring stattfinden.

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Spontanes Sparring mit Folgen: So fand Mardenli zum Boxen

Sein Einstieg in den Boxsport liest sich wie ein Film: „Ich war zu Besuch bei meinem Onkel im Saarland! Ich kam aus Berlin. Er hat eine Gerüstbaufirma und war früher Schwergewichts-Amateurboxer. Dort, auf dem Firmengelände, hat er mich einfach herausgefordert. Wir haben ein Sparring gemacht – ganz spontan. Ich hatte vorher nie geboxt, aber ich hab ihn zwei Mal zu Boden geschickt. In dem Moment hab ich gemerkt, ich hab was im Blut. Das war der Start für alles.“

Noch im selben Jahr – 2017 – gab Mardenli sein Profi-Debüt, ohne vorher je einen Amateurkampf bestritten zu haben. Seitdem zählt er 14 Siege, 13 davon vorzeitig durch K.o., und das oft in weniger als zwei Runden. Seine gesamte Kampfzeit beläuft sich auf gerade einmal 21 Runden – ein deutlicher Beweis für seine Explosivität und Schlagkraft.

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Titel, Rekorde und der Aufstieg im Halbschwergewicht

Der Berliner hat sich in kürzester Zeit nach oben gearbeitet. Aktuell liegt er im Halbschwergewicht auf Platz 34 der Weltrangliste und ist deutscher Titelträger. Die Nummer zwei der Rangliste ist Ex-Champion Felix Sturm (46). „Ich fordere Felix heraus und bin sicher, dass ich ihn besiegen werde“, sagte er kürzlich in einem anderen Interview.

Neben seiner physischen Stärke legt er großen Wert auf mentale Vorbereitung: „Ich hab bisher jeden Kampf vorzeitig gewonnen, alle durch K.o. – und das ist natürlich ein gutes Gefühl. Aber ich nehm keinen Gegner auf die leichte Schulter. Jeder Kampf bringt was Neues mit sich, jede Vorbereitung ist anders.“

Die größte Herausforderung bisher sei tatsächlich sein erster Kampf gewesen. Jedoch nicht aufgrund des Gegners, sondern weil alles neu gewesen sei. Der Ring, das Publikum, die Anspannung. „Du fragst dich, ob du das wirklich kannst. Aber danach wusste ich, dass ich genau dahin gehöre“, erinnert er sich.

Boxen mit Ulli Wegner: Eine Verbindung, die unter die Haut geht

Seit 2025 hat Mardenli einen der renommiertesten Trainer Deutschlands an seiner Seite: Ulli Wegner, der u. a. Arthur Abraham und Marco Huck betreute. Die Zusammenarbeit begann ungewöhnlich direkt: „Das war vergangenes Jahr auf Usedom, in Zinnowitz. Ich hatte den Hauptkampf – Halle voll, Stimmung brutal. Wegner war im Publikum, ganz ruhig, hat alles beobachtet. Nach dem Kampf – ich hab natürlich K.o. geliefert – kommt er zu mir, schaut mich an und sagt: ‚Wo kommst du her?‘ Kein großes Gerede, kein Small Talk – direkt, klar. Ich hab ihm gesagt: Aus Berlin.“

Was folgte, war mehr als ein Trainerwechsel: „Seitdem sind wir unzertrennlich. Er bringt Erfahrung, Ruhe, Wissen – und ich bringe Herz, Wille und Power. Wir pushen uns gegenseitig. Das ist nicht einfach nur Zusammenarbeit – das ist Familie geworden.“

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Foto: lookzoom
Disziplin mit 40: Mardenlis neuer Alltag

Heute, mit 40 Jahren, lebt Mardenli disziplinierter als je zuvor. Sein gesamter Alltag dreht sich um Training, Ernährung und Regeneration: „Früher war ich lockerer, hab mehr gemacht, was gerade passte. Jetzt ist jeder Tag Training, Ernährung und Regeneration. Disziplin ist mein Grundgesetz.“

Früher habe er mehr drauflos trainiert. Heute sei alles geplant und zielgerichtet. Er arbeite härter, smarter und konzentrierter als je zuvor: „Ich bin älter, erfahrener – und noch hungriger. Ich habe spät angefangen, aber jetzt gebe ich alles, um ganz oben zu bleiben und jeden zu schlagen, der vor mir steht.“

Nächster Kampf in Zinnowitz: „Ich will nicht nur mithalten – ich will dominieren“

Am 20. September 2025 tritt Mardenli in Zinnowitz auf Usedom an – einem Ort mit Symbolkraft, denn dort lebte Trainerlegende Fritz Sdunek. Der Kampf wird live im NDR ausgestrahlt.

Sein Gegner wird Rashad Karimov sein. Der Cruisergewichtler hat Kampfgewichtsvorteil, Ausdauer und reichlich Erfahrung. „Er bringt etwa fünf Kilogramm mehr auf die Waage, das macht’s nicht leichter. Aber ich setze nicht nur auf Gewicht – ich komme mit harter Schlagkraft, Explosivität und Tempo. Ich will nicht nur mithalten, ich will dominieren und den Sieg holen. “

Eine ganz besondere Widmung macht diesen Kampf für Mardenli zu etwas Persönlichem: „Ich widme diesen Kampf dem Andenken an Fritz Sdunek. Er war nicht nur ein großer Trainer, sondern auch ein Mensch mit Herz, Disziplin und Würde. Das inspiriert mich – besonders auf Usedom.“

Nachgefragt bei…Mohamad Mardenli
Lieblingsessen: Pasta und Steak
Lieblingsmusik: höre keine Musik
Lieblingswort: kein Plan B
Lieblingsort: Zuhause
Lieblingsmoment: …wenn ich an der Tür zu Hause klingel
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