Titelfoto: Archiv – Jörg Teuchert 2000 in Brands Hatch
Für Jörg Teuchert gab es in diesem Jahr einen ganz besonderen Moment. Voller Emotion erzählt der Hersbrucker, warum dieses eine Wochenende in Oschersleben in diesem Jahr für ihn so viel bedeutet und was dort vor 24 Jahren eigentlich genau passiert ist.
Im Frühsommer kontaktierte Yamaha Deutschland den Rennfahrer und Supersport-Weltmeister 2000, Jörg Teuchert, mit einer besonderen Anfrage: eine Pressevorstellung der neuen Yamaha XSR 900 mit Designs im Stil legendärer Rennfahrer wie Eddie Lawson, Dieter Braun und Fabrizio Pirovano. Eines dieser Designs war nun auch seiner Weltmeistermaschine nachempfunden.
Da der ursprüngliche Termin verschoben wurde, fand die Veranstaltung im September in Oschersleben statt – nahezu genau am Jahrestag des denkwürdigen Rennens, das Teuchert vor 24 Jahren zur Meisterschaft führte. Ein Highlight war die Idee, mit der originalen Yamaha R6 einige Runden zu drehen, begleitet von Ralph Bohnhorst, Geschäftsführer des Motoparks Oschersleben, der 2000 das Rennen abgewunken hatte.
Rückblick: Die Saison 2000 und der Weg zum Supersport-Weltmeistertitel
Die Saison 2000 war eine der spannendsten in der Geschichte der Supersport-WM. Mit etwa 15 Fahrern, die Podestplätze anvisierten, war die Konkurrenz enorm. Marken wie Yamaha, Honda, Suzuki, Kawasaki und Ducati schickten ihre besten Fahrer ins Rennen, doch das Alpha Technik Yamaha Team war mit Unterstützung von Dunlop, Wilbers und Yamaha Deutschland hervorragend aufgestellt.
Alles begann im Februar in Australien/Philipp Islands. In Japan (Platz 1 Jörg Teuchert und Platz 2 Christian Kellner) war der erste Meilenstein gesetzt. Donington, Monza und Hockenheim waren die nächsten Stationen. Mit Platz 1 in Hockenheim und Platz 3 in Misano konnte Teuchert seinen Vorsprung deutlich in der Meisterschaft ausbauen. Doch die Saison hatte auch Rückschläge: Ein Sturz in Brands Hatch und ein gebrochenes Schlüsselbein, das operiert werden musste, führten zum ersten „Nuller“ der Saison.
Disqualifikation nach der Siegerehrung
Der nächste WM-Lauf in Assen war geprägt von einem „schwierigen“ Training und einem Crash im Warm-Up sowie permanent wechselnden Wetterbedingungen. Der Start bei nasser Fahrbahn mit Trockenreifen sei extrem schwierig gewesen, aber die zunehmend auftrocknende Fahrbahn verbesserte die Bedingungen.
“Am Ende konnte ich Platz 3 im Rennen erreichen und die Führung in der Meisterschaft wieder ausbauen. Dann der Schock nach der Siegerehrung! Disqualifikation, da sich das Motorrad mit dem Anlasser nicht mehr starten ließ. Was im Reglement so verankert war. Somit waren die 16 Punkte wieder weg, und die Meisterschaftsführung ging an Paolo Casoli auf der Ducati“, erinnert sich der heute 54-Jährige.
Wendepunkt in Oschersleben
Das vorletzte Rennen, das kurzfristig anstatt Imola nach Brands Hatch verlegt wurde, war die entscheidende Schlacht um die Meisterschaft. “Mein Teamkollege war lediglich zehn Punkte hinter mir, ich hatte fünf Punkte Rückstand auf Casoli“, erinnert sich Teuchert.
Allerdings stürzte Casoli im ersten Rennverlauf mit Andrew Pitt (Kawasaki). Kellner und Teuchert kämpften sich durch das Feld. Jörg Teuchert übernahm ab der Mitte des Rennens die Führung. Das sollte aber jede Runde wechseln.
“Sein Motorrad traf mein Hinterrad”
“Christian war im Bereich Start/Ziel etwas stärker, allerdings konnte ich immer gut auf der Gegengerade zum „Shell S“ kontern. In der letzten Runde überholte mich Christian Ende Start/Ziel, was dann bedeutete, dass ich meinen Gegenangriff am Ende der Gegengerade ansetzen musste. Das hat auch geklappt, allerdings konnte Christian zwei Kurven später kurz zum Überholen ansetzen, zog zurück und stürzte”, kann sich der Rennfahrer noch genau erinnern.
“Sein rutschendes Motorrad traf mein Hinterrad. Daher bin dann auch ich in der vorletzten Kurve gestürzt, und Stephan Chambon (Alstare Suzuki) gewann das Rennen. Zu dem Zeitpunkt hatten wir bereits die komplette Gegengerade Vorsprung”, so Teuchert, dessen Titelträume damals ins Wanken gerieten.
Das große Finale: Weltmeistertitel 2000
Das Saisonfinale fand auf der traditionsreichen Strecke von Brands Hatch statt, wo Teuchert nach einer mäßigen Qualifikation von Startplatz 12 ins Rennen ging. Unter schwierigen Bedingungen mit wechselndem Wetter kämpfte er sich Runde für Runde nach vorn.
“Michelin hat für Regen einen Reifen präsentiert, der uns pro Runde drei Sekunden gekostet hat. Am Anfang war es noch feucht auf der Strecke, mit trockenen Stellen, was uns zu Trockenreifen entscheiden ließ. Die ersten Runden waren ein Eiertanz. Nach und nach konnten Christian und ich den Rückstand von teilweise knapp zehn Sekunden reduzieren”, erklärt Teuchert, was damals passierte. Im letzten Drittel gelang der Anschluss an die Spitze.
Erst mit der Zielflagge fiel die Entscheidung
Das Kuriose bei diesem Rennen sei gewesen, dass abwechselnd Chambon, Casoli und irrsinnigerweise auch Kellner quasi Weltmeister waren. In einem packenden Schlussspurt sicherte sich Teuchert mit Platz zwei den Weltmeistertitel 2000 – mit einem hauchdünnen Vorsprung von 0,012 Sekunden vor Jamie Whitham. „Es war ein unglaubliches Rennen, bei dem sich das Blatt ständig wendete. Erst mit der Zielflagge stand fest, dass ich Weltmeister bin“, erinnert sich Teuchert.
Hommage an die Legenden: Yamaha XSR 900
Die Präsentation der Yamaha XSR 900 in Oschersleben war nun also eine perfekte Gelegenheit, die Erinnerung an eine der spannendsten Saisons der Rennsportgeschichte zu feiern. Mit der Rückkehr auf die Strecke von 2000 schließt sich für Jörg Teuchert ein Kreis, und er zeigte sich durchaus emotional: „Die Yamaha XSR 900 ist eine Hommage an das, was wir damals erreicht haben. Und es ist eine Ehre, Teil dieser Geschichte zu sein. Außerdem war es ein emotionaler Moment, auch mit der Originalmaschine, also der R6 nochmal hier zu fahren und mit Ralph Bohnhorst, der mich damals nach dem Rennen in die Arme nahm, diese besonderen Erinnerungen wieder aufleben zu lassen“, so Teuchert.
Nachgefragt bei…Jörg Teuchert
Lieblingsessen: Pasta |
Lieblingsmusik: Michael Jackson |
Lieblingswort: Vollgas |
Lieblingsort: Rennstrecke |
Lieblingsmoment: Gewinn der Weltmeisterschaft |
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