Zwei Jahre nach der umstrittenen Schließung des städtischen Krankenhauses in Reichenbach nimmt der Standort wieder Fahrt auf. Mit dem Gesundheitszentrum wird eine neue Form regionaler Gesundheitsversorgung ausprobiert – unter privater Trägerschaft, mit einem Fokus auf ambulante Versorgung im ländlichen Raum.
Im Jahr 2022 fiel im Vogtland eine Entscheidung mit großer Tragweite. Die stationäre Klinik in Reichenbach wurde geschlossen. Die Gründe waren vielfältig – rückläufige Fallzahlen, hohe Betriebskosten, Probleme bei der Personalgewinnung. Für viele Menschen in der Region war es ein schwerer Schlag: Sie verloren nicht nur ein Krankenhaus, sondern auch ein Stück Sicherheit.
Doch das Gebäude blieb nicht lange ungenutzt. Bereits 2023 erwarb ein privater Träger die Immobilie – und entwickelte ein neues Konzept. Anstelle eines klassischen Krankenhauses sollte ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) mit erweiterten Pflege- und Serviceangeboten entstehen.
Der Umbau erfolgte zügig. Bereits Anfang 2024 zogen die ersten Mieter ein: eine Facharztpraxis, ein Pflegedienst und ein Sanitätshaus. Das Konzept des Gesundheitszentrums Reichenbach setzt auf Integration. Verschiedene medizinische, pflegerische und technische Angebote sind unter einem Dach vereint.
Aktuell befinden sich auf dem Gelände:
- Drei niedergelassene Fachärzte (u. a. Innere Medizin, Gynäkologie, Orthopädie)
- Ein ambulanter Pflegedienst mit Tagespflegeangebot
- Betreutes Wohnen in barrierefreien Apartments
- Ein Sanitätshaus mit Reha-Technik und orthopädischer Versorgung
- Ein regionaler Caterer für Pflegeeinrichtungen und Kitas
Ein zusätzliches Apothekenprojekt, eine Physiotherapiepraxis sowie eine hausärztliche Versorgung seien in Vorbereitung.
Vorteile für die Region
Viele Bürgerinnen und Bürger profitieren von kurzen Wegen und schnellen Terminen. Besonders für ältere Menschen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität ist das Zentrum ein Gewinn. Darüber hinaus schafft das Zentrum Arbeitsplätze: Pflegekräfte, medizinische Fachangestellte und Verwaltungsmitarbeitende haben eine neue Perspektive gefunden – teils nach vorheriger Beschäftigung im alten Klinikbetrieb.
Die Schattenseite: Wenn Privatisierungen scheitern
So vielversprechend das Projekt in Reichenbach wirkt, so wachsam sind viele Beobachter, wenn es um Krankenhausprivatisierung geht. Denn nicht immer führt die Übergabe in private Hände zu Verbesserungen.
Fälle, wie das Universitätsklinikum Gießen/Marburg, das 2006 als erstes Uniklinikum privatisiert wurde, zeigen: Renditeerwartungen und Patientenversorgung lassen sich nicht immer vereinbaren. Berichte über Personalabbau, eingeschränkte Leistungen und wirtschaftlichen Druck häuften sich nach der Übernahme durch private Investoren. In vielen Fällen mangelt es an Transparenz – wer genau hinter den Betreiberfirmen steht, bleibt für die Öffentlichkeit oft unklar.
Ambulante Versorgung als Zukunftsmodell?
Die Entwicklung in Reichenbach reiht sich ein in eine größere Bewegung: den Trend zur Ambulantisierung. Immer häufiger werden Behandlungen außerhalb des klassischen Klinikbetriebs durchgeführt. MVZs – also Medizinische Versorgungszentren – gelten dabei als wichtiger Baustein einer dezentralen Gesundheitslandschaft, gerade im ländlichen Raum.
Nach 20 Jahren Krieg, Krise und dem großen Ganzen journalistisch in das beschauliche Vogtland gewechselt. Ein Momentesammler und Geschichtenerzähler. Neugierig, nahe an den Menschen und manchmal ein bisschen frech. :) Autorenprofil/Vita