Regionalflughäfen stehen seit Jahren unter besonderer Beobachtung. Sie gelten als teuer, defizitär und klimapolitisch umstritten. Gleichzeitig spielen sie in vielen Regionen eine Rolle, die weit über das reine Abfertigen von Flugzeugen hinausgeht. Am Beispiel des Flughafens Hof-Plauen lässt sich gut erklären, warum kleine Flughäfen Geld kosten, wo die kritischen Punkte liegen – und welchen realen Nutzen sie entfalten können, wenn sie strategisch weiterentwickelt werden.
Warum Regionalflughäfen fast nie kostendeckend arbeiten
Ein Regionalflughafen ist keine klassische gewinnorientierte Infrastruktur. Die Fixkosten sind hoch, unabhängig davon, ob täglich zehn oder hundert Flugbewegungen stattfinden. Dazu zählen unter anderem:
- der Betrieb und Erhalt der Start- und Landebahn,
- Sicherheits- und Zertifizierungsauflagen,
- Feuerwehr- und Rettungsinfrastruktur,
- Flugsicherung, Verwaltung und Technik,
- regelmäßige Prüf- und Wartungspflichten.
Diese Kosten entstehen dauerhaft, während die Einnahmen aus Landeentgelten, Abfertigung oder Treibstoffverkauf bei kleinen Flughäfen strukturell begrenzt sind. Selbst bei steigenden Flugbewegungen reicht das operative Geschäft in der Regel nicht aus, um alle Ausgaben zu decken. Das ist kein Sonderfall Hof-Plauen, sondern ein bundesweites Muster bei Regional- und Verkehrslandeplätzen.
Konkret für Hof-Plauen bedeutet das:
Der Flughafen erwirtschaftete zuletzt einen Jahresumsatz von rund 2,8 Millionen Euro, dem jedoch Gesamtaufwendungen von etwa 3,8 Millionen Euro gegenüberstanden. Daraus ergibt sich für das Geschäftsjahr 2024 ein Fehlbetrag von rund 1 Million Euro, der von Stadt und Landkreis Hof getragen wird.
Die öffentliche Hand trägt die Kosten – und warum Kommunen das tun
Am Flughafen Hof-Plauen tragen Stadt und Landkreis Hof als Gesellschafter das entstehende Defizit. Dieses Modell ist in Deutschland üblich. Die öffentliche Hand übernimmt damit bewusst eine Rolle, die sie auch bei anderen Infrastrukturen innehat – etwa bei Straßen, Krankenhäusern oder dem öffentlichen Nahverkehr.
Umgerechnet auf die Bevölkerung des Landkreises Hof bedeutet das:
Im Geschäftsjahr 2024 lag der auszugleichende Fehlbetrag des Flughafens Hof-Plauen bei rund 1 Million Euro, der von Stadt und Landkreis Hof getragen wird. Bezogen auf rund 95.000 Einwohnerinnen und Einwohner entspricht das einer rechnerischen Belastung von etwa 88 Cent pro Monat für jede im Landkreis Hof lebende Person.

Diese Zahl ist keine Bewertung, sondern eine sachliche Einordnung der Größenordnung, in der sich der finanzielle Beitrag der Bevölkerung zum Betrieb des Regionalflughafens bewegt.
Der Flughafen wird dabei nicht als klassisches Wirtschaftsunternehmen verstanden, sondern als Teil der regionalen Daseinsvorsorge. Die finanzielle Unterstützung erfolgt vor dem Hintergrund, dass bestimmte Leistungen für Wirtschaft, Sicherheit und öffentliche Aufgaben ohne einen solchen Standort nicht oder nur deutlich eingeschränkt verfügbar wären.
Der Nutzen jenseits der Passagierzahlen
Die reine Zahl der Passagiere greift bei der Bewertung eines Regionalflughafens zu kurz. In Hof-Plauen liegt der Schwerpunkt nicht auf Urlaubs- oder Linienverkehr, sondern auf:
- Geschäfts- und Werkverkehren regionaler Unternehmen,
- Allgemeiner Luftfahrt und Flugschulen,
- medizinischen und sicherheitsrelevanten Einsätzen,
- Katastrophenschutz- und möglichen militärischen Nutzungen (Dual-/Triple-Use).
Für Unternehmen in strukturell peripheren Regionen kann schnelle Luftmobilität ein Standortfaktor sein – gerade dort, wo Bahn- und Straßenanbindungen zeitlich an Grenzen stoßen. Dieser Nutzen lässt sich nicht immer direkt in Ticketzahlen messen, wirkt aber mittelbar auf Investitionsentscheidungen, Erreichbarkeit und regionale Wettbewerbsfähigkeit.
Innovation statt Stillstand: Warum sich der Blick gerade jetzt verändert
In den vergangenen Jahren hat sich der Blick auf kleine Flughäfen spürbar gewandelt. Der Flughafen Hof-Plauen ist Teil eines bayerischen Netzwerks, das sich mit elektrischem und hybridem Fliegen beschäftigt. Ziel ist es, Lade- und Betriebsinfrastruktur frühzeitig aufzubauen und als Test- und Entwicklungsstandort zu fungieren.

Dabei geht es nicht um kurzfristige Versprechen, sondern um realistische Zeithorizonte:
Serienreife elektrisch oder hybrid betriebene Flugzeuge für den kommerziellen Einsatz werden frühestens ab den 2030er-Jahren erwartet. Regionalflughäfen können hier eine Rolle spielen, weil sie:
- weniger ausgelastete Lufträume bieten,
- neue Technologien erproben können,
- als Schnittstelle zwischen Industrie, Forschung und Betrieb fungieren.
Gerade für Flugschulen und Ausbildungsbetriebe eröffnen emissionsärmere Antriebe zusätzliche Perspektiven – etwa durch geringere Lärmemissionen und neue Ausbildungskonzepte.
Die kritischen Punkte bleiben – und müssen benannt werden
Trotz aller positiven Entwicklungen bleiben die Herausforderungen real:
- Der Betrieb bleibt absehbar zuschussabhängig.
- Kosten für Flugsicherung, Zertifizierung und Verwaltung steigen.
- Wirtschaftliche Effekte sind schwer exakt zu quantifizieren.
- Die gesellschaftliche Debatte über Klimawirkung und Prioritäten öffentlicher Ausgaben wird intensiver und ist wichtig.
Transparenz ist hier entscheidend. Der Flughafen Hof-Plauen veröffentlicht regelmäßig Zahlen und stellt sich – wie zuletzt deutlich wurde – auch kritischen Nachfragen der Öffentlichkeit und der Presse. Diese Offenheit ist keine Selbstverständlichkeit und bildet eine wichtige Grundlage für Akzeptanz.
Mehr als Zahlen: die emotionale und gesellschaftliche Dimension
Neben wirtschaftlichen und strategischen Faktoren spielt auch eine oft unterschätzte Komponente eine Rolle: die emotionale Bedeutung eines Flughafens. Für viele Menschen ist ein Regionalflughafen ein Ort, an dem Technik erlebbar wird, an dem Kinder Flugzeuge starten und landen sehen, an dem Nähe zur Luftfahrt entsteht.

Gerade kleinere Flughäfen sind niedrigschwellige Orte: Man kann an einem warmen Frühlingstag mit der Familie vorbeischauen, Flugzeuge beobachten, Fragen stellen. Diese emotionale Bindung ersetzt keine Wirtschaftlichkeitsrechnung – sie erklärt aber, warum Flughäfen für viele Bürgerinnen und Bürger mehr sind als eine Zahl im Haushalt.
Ein Regionalflughafen wie Hof-Plauen ist kein Projekt, das sich von selbst trägt, er kostet Geld – dauerhaft; für 88 Cent im Monat sichert jede Bürgerin und jeder Bürger des Landkreises Hof eine Infrastruktur, die wirtschaftliche Erreichbarkeit ermöglicht, im Krisenfall verfügbar ist und zugleich Raum für die Entwicklung klimafreundlicher Luftfahrt bietet.
„Wir wollen, dass elektrisches Fliegen Realität wird“
Ein Interview mit Ralf Kaußler, Geschäftsführer des Flughafens Hof-Plauen
Vogtlandstreicher:
Herr Kaußler, der Flughafen Hof-Plauen wird in den vergangenen Monaten verstärkt als Innovations- und Zukunftsstandort wahrgenommen. Wenn Sie den Blick nach vorn richten: Wie sieht Ihre langfristige Vision für den Flughafen aus?
Ralf Kaußler:
Der Flughafen Hof-Plauen ist hinsichtlich der vorhandenen Infrastruktur limitiert, was die Größe der operierenden Luftfahrzeuge angeht. Wir gehen daher davon aus, dass neben den bisherigen Verkehren – Business-, gewerbliche und private Luftfahrt sowie Flugschulen – keine größeren Verkehre wie Urlaubscharter oder klassischer Linienverkehr Teil des Verkehrsmixes sein werden.
Daher beschäftigen wir uns intensiv mit neuen Verkehren und Konzepten der Luftmobilität. Dazu gehören On-Demand-Konzepte für inneuropäische flexible Verbindungen, aber auch Neuentwicklungen in der Luftfahrt wie elektrisch angetriebene Flugzeuge. Wie eine sinnvolle und nachhaltige Entwicklung für den Flughafen Hof-Plauen aussehen kann, ist Teil der Machbarkeitsstudie.

Vogtlandstreicher:
Ein zentraler Punkt in Ihrer aktuellen Pressearbeit ist das Thema Wirtschaftlichkeit. Viele Leserinnen und Leser fragen sich: Steht der Flughafen finanziell stabil oder bleibt er dauerhaft auf Zuschüsse angewiesen?
Ralf Kaußler:
Der Flughafen Hof-Plauen besitzt hinsichtlich der Einnahmen eine stabile Lage, hat aber seit jeher ein Defizit, welches durch Maßnahmen zuletzt begrenzt und im Rahmen gehalten werden konnte. Die Einnahmen aus dem Flugverkehr – obwohl wir gute Zuwachsraten verzeichnen – reichen nicht zur Deckung aller Ausgaben aus.
Stadt und Landkreis Hof decken, wie bereits mit der letzten Pressemitteilung dargelegt, das entstehende Defizit. Diese Leistung ist zur finanziellen Absicherung und zum Erhalt des Flughafens als Verkehrsinfrastruktur notwendig.
Vogtlandstreicher:
Warum halten Stadt und Landkreis diese finanzielle Unterstützung aus Ihrer Sicht für gerechtfertigt?
Ralf Kaußler:
Gerade im Hinblick auf Dual-Use- und Triple-Use-Aspekte – militärisch, Katastrophenschutz und zivil – sowie für den Wirtschaftsstandort leistet der Flughafen Hof-Plauen für die Region einen wichtigen Beitrag, welcher die Aufrechterhaltung der finanziellen Deckung rechtfertigt.
Welche weiteren Einnahmen generiert werden können, um die Einnahmenlage zu verbessern, ist ebenfalls Teil der Machbarkeitsstudie, die Stadt und Landkreis Hof als Gesellschafter für den Flughafen in Auftrag gegeben haben.
Vogtlandstreicher:
Ein weiteres Thema ist die tatsächliche Nachfrage. Wie ordnen Sie die aktuellen Passagierzahlen im Vergleich zu anderen Regionalflughäfen ein?
Ralf Kaußler:
Die Größenordnung der derzeitigen Passagierzahlen ist für einen reinen Business-Airport unserer Größe absolut im Vergleich zu anderen Regionalflughäfen, beispielsweise Heringsdorf. Treiber sind hier vor allem die Werkverkehre ansässiger Firmen aus dem Vogtland, dem Hofer Land und der Oberpfalz sowie weitere Businessverkehre.
Da wir keinen Linien- oder Urlaubscharterverkehr haben, betrachten wir die Nähe zu anderen Verkehrsflughäfen nicht als direkte Konkurrenz.
Vogtlandstreicher:
Sie setzen stark auf neue Mobilitätsformen wie On-Demand-Flüge und perspektivisch elektrische Flugzeuge. Wie realistisch ist das aus heutiger Sicht?
Ralf Kaußler:
Während im Business-Sektor der Bedarf nach Flügen weiter steigend ist, brauchen On-Demand-Lösungen noch Zeit und Entwicklung. Der Bedarf an schneller Mobilität, gerade in der Wirtschaft, ist jedoch enorm hoch.
Hinsichtlich der elektrischen und hybriden Luftfahrzeugmodelle gibt es derzeit bislang nur Absichtserklärungen zur Nutzung. Erste Modelle – wie beispielsweise der VAERIDION Microliner oder die MD1-A von MD-Aircraft – werden ab etwa 2035 in Serienreife auf dem Markt kommen.
Vogtlandstreicher:
Welche Rolle kann der Flughafen Hof-Plauen in dieser Entwicklung konkret spielen?
Ralf Kaußler:
Derzeit sind die vorhandenen Flugzeugmodelle einerseits in der Anschaffung zu kostenintensiv und andererseits in der Reichweite noch stark begrenzt. Wir unterstützen hier mit unserer Expertise die Flugzeughersteller im engen Dialog und wollen mit dem Projekt der „E-Flugstrecke Bayern“ nicht nur ein Testfeld für Ladeinfrastruktur erschaffen.
Ziel ist, dass elektrisches Fliegen „made in Germany“ nicht nur ein Konzept bleibt, sondern Realität wird. Gerade auch Flugschulen würden von emissionsfreiem Fliegen und geringeren Lärmemissionen profitieren.
Vogtlandstreicher:
Neben dem Flugbetrieb wird oft über zusätzliche Einnahmequellen gesprochen. Welche Rolle spielt dabei die Diversifizierung des Standorts?
Ralf Kaußler:
Klar ist schon heute, dass die Einnahmenlage nicht nur durch den Flugbetrieb verbessert werden kann, sondern auch im sogenannten Non-Aviation-Bereich. Dazu zählen Einnahmen aus der Vermietung von Geländeteilen, etwa für Teststrecken zur Fahrzeugerprobung oder andere Veranstaltungen.
Darüber hinaus befinden wir uns seit einiger Zeit in Gesprächen mit ALBATROSS, wie der Flughafen ein Energy-Hub werden kann. Welche weiteren Geschäftsmodelle möglich sind, wird ebenfalls die Machbarkeitsstudie aufzeigen.
Vogtlandstreicher:
Abschließend eine Frage zur Transparenz: Wie werden Risiken, Zahlen und Entwicklungen gegenüber den Gesellschaftern und der Öffentlichkeit kommuniziert?
Ralf Kaußler:
Die Angaben zu Risikoanalyse und Controlling werden regelmäßig, spätestens mit dem Lagebericht der Geschäftsführung im Rahmen des Jahresabschlusses, an die Gesellschafter berichtet. Diese stimmen sich gemeinsam mit dem Beirat und der Geschäftsführung über notwendige Liquiditätseinlagen ab.
So ist gewährleistet, dass bei nachteiligen Entwicklungen rechtzeitig im gemeinsamen Konsens gehandelt werden kann. Insbesondere steigende Kosten bei Flugsicherung, Zertifizierung und Verwaltungsaufwand sind Risiken, die eine Transformation der Luftfahrt behindern können.
Nach 20 Jahren Krieg, Krise und dem großen Ganzen journalistisch in das beschauliche Vogtland gewechselt. Ein Momentesammler und Geschichtenerzähler. Neugierig, nahe an den Menschen und manchmal ein bisschen frech. :) Autorenprofil/Vita
