Als gezieltes Enträtseln von Vorurteilen beschreibt sie ihre Satire und versteht sich als Provokateurin, die Grenzen verschiebt. Das Publikum im NaturTheater Bad Elster brauchte einen Moment, um sich warm zu lachen. Vielleicht war es auch der erste Blick auf Kaiserin Stasi die Erste, der für ein paar Minuten Stille walten ließ.
Lisa Eckhart, gekleidet in einem cremefarbenen Body, einem Reifrock ohne Stoff und gekrönt mit einem goldenen Strahlenkranz. Eine Mischung aus Erotik, Dekadenz und ikonischer Kälte.
Untermalt von den Rammstein-Zeilen „Hier kommt die Sonne“ betrat sie die Bühne. Die Inszenierung perfekt komponiert. Die Figur theatralisch durchinszeniert, bis ins letzte Accessoire. Ihr Erscheinungsbild war ebenso ein Statement wie jede ihrer Pointen.
Zwischen Lachen und Lähmung: Ein Publikum im Spannungsfeld
„Ganz schön hart“ oder „oh, schon heftig“ sind die Kommentar aus dem Publikum. Erst als Eckhart den Reifrock ablegte, die High Heels auszog und sich auf ihrem majestätischen Sessel niederließ, löste sich etwas in den Reihen – ein befreiendes Lachen – und danach ging es leichter.
Die Künstlerin selbst kommentierte das Wechselspiel zwischen Pointen und peinlichem Schweigen gewohnt scharf: „In meinem Publikum sitzt eben der Nazi neben der Oma gegen Rechts.“
Ein Satz, der gleichermaßen irritiert und erhellt. Der gesamte Abend ist ein Drahtseilakt über Abgründen, bei dem man nur dann mitkommt, wenn man bereit ist, mitzudenken – und zu fühlen.
Und manchmal machte sich die gebürtige Österreicherin Sorgen, dass einige verlernt haben richtig zu klatschen. Nämlich in den Momenten, als die Hände vor die Gesichter gehen, statt zueinander.
Kabarett jenseits der Komfortzone im High-Speed
Lisa Eckhart geißelte in Hochgeschwindigkeit durch die neuralgischen Punkte der Zeit: Asylpolitik, Alkoholmissbrauch, sexuelle Belästigung, Kulturelle Aneignung, Krieg, Genderrollen, Eheprobleme und Herrschaftsverhältnisse – alles in einem fast atemlosen Tempo. Die Pointen trafen so rasch, dass das Lachen manchmal hinterherhinkte.
Sie schont niemanden – weder „Erzgebirgler“, die sie als „seltsam“ beschreibt, noch Frauen in der Menopause, die sie „vor dem Völkerschlachtdenkmal als Heizstrahler aufstellen“ möchte. Ihre Satire enträtselt nicht nur Vorurteile, sie spielt mit ihnen – radikal, schillernd und schmerzhaft.
Schmerzhaft ehrlich: Intellektuelle Demütigung mit Krone
Gerade in intimen Momenten, wenn es um den „Sex in der Ehe“ oder die „Farben von Körperflüssigkeiten“ geht, schaut sie in die Gesichter des Publikums – und trifft. Ihr Humor gleicht einer chirurgischen Operation ohne Narkose. Man spürt jede Bewegung des Skalpells.
Manchmal scheint es, als würde sie das Publikum absichtlich verstören. Als wolle sie sagen: „Eure Komfortzone interessiert mich nicht“. Ihr Stil ist eine intellektuelle Machtdemonstration – eiskalt und gerade deshalb wirkungsvoll.
Am Ende des Abends standen die Zuschauerinnen und Zuschauer applaudierend. Lisa Eckhart hatte die Menge nicht nur zum Lachen gebracht, sondern sie durchrüttelt. Mit präziser Sprache, Bissigkeit und einem Look, der den barocken Größenwahnsinn neu dachte. „Kaiserin Stasi die Erste“ ist ein künstlerisches Hochrisikomanöver um moralische Normen offenzulegen. Die Vielzahl an Zumutungen zwingt allerdings auch regelrecht zum Denken.

Redaktion
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