Fotos: Sascha Wünsch
Mit einem Lächeln, das Geschichten erzählt, und einer Energie, die ansteckt, geht Isabel Varell mit ihrem aktuellen Bühnenprogramm „Die guten alten Zeiten sind jetzt“ auf Tour. Ein Abend der Humor, Musik und Herz vereint.
Ob als Sängerin, Schauspielerin, Moderatorin, Musicaldarstellerin oder Autorin – Isabel Varell hat sich nie auf ein einziges künstlerisches Fach beschränkt. Auf der Bühne zeigt sie sich als Mensch voller Lebenslust, Leidenschaft und Liebe – ihre berühmten „drei großen L’s“. Sie erzählt von Momenten des Loslassens, vom Scheitern als wertvoller Erfahrung und von der Kunst, das Älterwerden mit Freude und Zuversicht zu umarmen.
Im Interview erzählt die Künstlerin mehr über ihr Programm und wie eng verknüpft das mit ihrem Leben ist:

Was hat Sie zu diesem Programm inspiriert?
Mein Programm ist eine Art “Best of” aus meinen beiden Büchern, die ja glücklicherweise wirklich großes Interesse gefunden und sich wochenlang in den Spiegel-Bestsellerlisten gehalten haben. Ich gestalte dieses Programm mit sehr persönlichen, sehr intimen Geschichten. Das ist vielleicht auch der Grund für den Erfolg von meinen Büchern, dass ich beim Schreiben gar nicht darüber nachgedacht habe, das wirklich zu veröffentlichen. Ich habe immer gedacht: ich muss das ja gar nicht veröffentlichen. Heute sehe ich eine Aufgabe genau darin, mich total zu öffnen, weil ich glaube, dass wir nur gegenseitig durch unsere Erfahrungen, die wir gemacht haben, voneinander lernen können. Wenn wir uns in unsere Lebensbücher schauen lassen, wenn wir uns öffnen. Und das ist mir ein Anliegen. Ich freue mich, wenn es Menschen gibt, die sich dafür interessieren.
Welche Momente Ihrer eigenen Lebensgeschichte fließen in das Programm ein?
Das ganze Programm besteht aus persönlichen Momenten meines Lebens. Als Beispiel kann ich nehmen, wie der Laufsport mir geholfen hat. Das war damals in Phasen, die voller Existenzängste waren, voller Trauer. Das war der Verlust von Menschen. Und wie der Sport mir geholfen hat, damit klarzukommen, sich wieder wertvoll zu fühlen und dass man etwas kann. Künstler neigen dazu, sich mit der Zeit wertlos zu fühlen, wenn der Beruf still steht und es nicht gut läuft. Die Erinnerung an das, was man kann, fandet langsam aus. Aber es geht bei Durststrecken nicht nur ums Geld, sondern wirklich um diese fehlende Anerkennung, dass man sich einfach nicht gebraucht fühlt. Und das habe ich in der Mitte meines Lebens über einige Jahre gehabt. Die Zukunft stand in den Sternen. Ja, wenn ich damals gewusst hätte, was noch alles auf mich zukommt, dann hätte ich keine Ängste gehabt. Aber Ängste sind auch ein riesiger Motor auch das das sind Themen meines Abends.
Wie sehen Sie das Älterwerden, und welche Rolle spielt es in Ihrem Programm?
Das Älterwerden spielt eine große Rolle in meinem Programm. Ich habe mir in meinem letzten Buch die Frage gestellt, was ist eigentlich wichtig für einen selbst, um ein zufriedenes Älterwerden zu gestalten. Wir sagen uns ja heute gern, 60 ist das neue 40, 70 ist das neue 50. Bilden wir uns das vielleicht ein? Wollen wir uns das Älterwerden schönreden? Und deshalb habe ich mich mit der Frage beschäftigt, worauf es ankommt im Leben: Dass wir uns ein schönes Älterwerden gestalten. Und das liegt nur an einem selbst. Es kann nicht von außen kommen, nur von innen. Und dann habe ich mir meine Punkte aufgeschrieben, was aus meiner Sicht dazu gehört, dass man innerlich wirklich glücklich und zufrieden ist. Das waren zehn Punkte, meine persönlichen zehn Gebote. Und die sind natürlich ein Thema auf der Bühne – mein persönliches “Neues Testament”. Ja, es wird auch lustig
Sie nennen drei große L’s: Lebenslust, Leidenschaft und Liebe. Wie leben Sie diese?
Lebenslust, Leidenschaft und Liebe lebe ich täglich aus. Ich habe wirklich eine ganz positive Grundhaltung zum Leben, aber auch die erschaffe ich mir jeden Tag neu. Zufriedenheit kommt nicht wie selbstverständlich am Fenster vorbeigeflogen. Man muss sie sich auch basteln können und das tu ich. Jeden Tag versuche ich mein Leben ein Stückchen neu zu erfinden. Das liegt alles an einem selbst. Man ist seines Glückes Schmied. Und ich bin nun mal ein leidenschaftlicher Mensch und ich lebe meine liebe das Leben.
Sie sind Sängerin, Schauspielerin, Moderatorin, Musicaldarstellerin und Autorin – was ist für Sie die wichtigste Rolle Ihrer Karriere?
Alles und ich glaube, dass diese Vielfalt, die ich in meinem Beruf auslebe, und diese Chancen, die ich bekommen habe, meinen Kalender füllen. Diese Vielfalt füllt auch mein Herz. Diese Abwechslung finde ich so toll. Ursprünglich bin ich als Sängerin auf diese Welt gekommen und diese anderen Aufgaben kamen dann auf mich zu. Es ist eine Frage der Weiterentwicklung, ob man stehenbleiben möchte oder ob man sich neuen Dingen öffnet. Und wie ich ja eben schon mal erwähnt habe, war ich manchmal gezwungen, mir neue Felder zu suchen. Ich möchte gefordert werden. Irgendwann habe ich angefangen, meine eigenen Texte zu schreiben, weil das, was die Texterinnen und Texter mir angeboten haben, mir nicht ausgereicht hat. Ich wollte nicht, dass meine Sprache gleich bleibt. Ich wollte nicht die gleichen Lieder und Texte singen, die ich mit 25 gesungen habe. Meine Sprache im Leben entwickelt sich ja auch ständig, deshalb muss sich ja auch die Sprache in den Songtexten weiterentwickeln. Und aus dieser Not heraus habe ich selbst getextet und heute kann ich es mir fast gar nicht anders vorstellen.
Gibt es eine Zeit in Ihrem Leben, die Sie gern noch einmal erleben würden mit dem Wissen von heute?
Nein, wenn ich meine Lebensvideokassette rückwärts spule, war da unglaublich viel Aufregendes und Tolles. Da waren tiefe Täler, da waren Abgründe, da ist Trauer, Schmerz, da ist Lachen und da sind viele Tränen. In keine dieser Zeiten möchte ich zurück. Man sagt so salopp, ich hätte gerne als junger Mensch das Wissen von heute gehabt, das ist nicht wirklich real. Und wenn ich heute junge Menschen beobachte, denke ich mir manchmal, ich hätte gerne diese Reife gehabt. Ich bin ein Kriegsenkel, ich habe eine andere Erziehung genossen. In meiner Kindheit habe ich mit der Basis, auf der ich geboren wurde, nicht so wahnsinnig viel Glück gehabt. Ich freue mich auf die Zukunft und über die Gegenwart, in der ich mit dem Wissen von heute lebe.

Welche täglichen Rituale helfen Ihnen, Ihre Lebenslust und Kreativität zu bewahren?
Da komme ich wieder auf das Anfangsthema zurück. Bewegung ist mein Leben. Das hat nicht nur was mit Sport zu tun, es geht um Bewegung in sich. Ich möchte mich auf Menschen zubewegen. Ich möchte mich selbst bewegen und auf Störungen zubewegen, anstatt davor wegzulaufen. Meine täglichen Rituale sind in diesem Sinne mein Laufsport, der für mich wahnsinnig wichtig ist, und Yoga. Täglich tue ich für mich selbst etwas Gutes, Ich koche wahnsinnig gerne, wenn ich zuhause bin. Gemüseschnippeln – das sind für mich wichtige Dinge und keine bloße Routine.
Gibt es Träume, die Sie noch verwirklichen möchten?
Ja, ich bin immer noch voller Träume. Das hört hoffentlich nie auf, dass man Träume hat. Ich wünsche mir weiterhin wunderschöne Rollen in Filmen, auch für meine Generation, für mein Alter, als eine Frau mit 60+. Ich habe oft in Serien die Liebe spielen dürfen, das Verliebtsein. Ich träume davon, dass man auch in Filmen das Verliebtsein meiner Generation zeigt, dass wir auch noch wie vierzehn sein können. Und ich freue mich auf so vieles und bin wirklich voller Träume, die ich gar nicht alle benennen kann.
Wenn Sie eine einzige Eigenschaft wählen müssten, die Sie auf der Bühne definiert welche wäre das?
Wenn ich mich auf eine einzige Eigenschaft reduzieren müsste, dann ist das die Offenheit. Es macht aus meiner Sicht überhaupt keinen Sinn, in meinen Programmen auf der Bühne eine Rolle zu spielen, wie ich das in Serien und Filmen gerne mache. Ich glaube, dass ist auch der Erfolg von meinen Abendenden und meinen Büchern – dass ich meine Geschichten mit den Menschen teile und diese auch nicht beschönige. Und ich glaube, dass darin das Geheimnis des Lebens liegt. Nur wenn wir uns ehrlich sagen, wie wir uns fühlen und gefühlt haben, durch welche Ängste und Stimmungen wir gehen, können wir aus Gesprächen etwas lernen.
Wenn Sie den Zuschauern nur einen Rat fürs Leben geben könnten welcher wäre das?
Ich glaube und ich hoffe und ich habe auch das Gefühl, dass das, was ich auf der Bühne anbiete, inspirierend sein kann. Das wird mir auch gespiegelt. Was ich als Feedback erhalte und zurückbekomme ist, dass eben dieses zu den Dingen stehen, offen zu sein, ganz ehrlich und wahrhaftig zu sein, die Besucher in ihr Leben mitnehmen. Genauso mein Thema Hintern hoch, egal in welcher Lebenslage. Ich rede auch von Trauer. Ich erzähle, wie ich meine Trauer bewältigt habe, indem ich drei Jahre ehrenamtlich in einem Hospiz gearbeitet habe, in der Sterbebegleitung. Meine Botschaft und mein Werben für das Ehrenamt ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Hilfe zu finden indem man Hilfe gibt, hat mich in dieser Phase meines Lebens gerettet, in der ich mit dem Tod nicht zurechtkam.
Aktuelle Termine: www.isabel-varell.de/termine.html
Nachgefragt bei…Isabell Varell
| Lieblingsessen: Raclette |
| Lieblingsmusik: Ich habe keine Lieblingsmusik. Ich habe Stimmungsmusik – von Rock bis zur Klassik höre ich alles. |
| Lieblingswort: uiiiii |
| Lieblingsort: Es gibt Orte, an denn man eine gewisse Basisenergie spürt. Ich sag jetzt mal zwei: Paris und Sri Lanka. |
| Lieblingsmoment: Kann man nicht sagen, weil ich das nicht auf eins reduzieren kann. Ich freue mich auf Lieblingsmomente. |
Seit fast zwei Jahrzehnten die neutrale Stimme im Vogtland. Mit Leidenschaft und Nähe zu Menschen und Themen, auch weit über die Region hinaus. Nah am Puls der Zeit. Und stets mit dem Anspruch, Politik zu lesen, Kunst und Kultur näher zu bringen und am Schleizer Dreieck nicht vom Bike zu fallen.
