Er ist einer der bekanntesten Schauspieler Deutschlands und seit über 25 Jahren als Kölner Kommissar Freddy Schenk im ARD-„Tatort“ zu sehen. Ab Dezember lässt Dietmar Bär in der Konzertlesung „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ Heinrich Bölls satirische Nachkriegs-Erzählung lebendig werden.
Darin nimmt Böll die deutsche Weihnachtsroutine und die Nachkriegsmentalität humorvoll aufs Korn – von der übertriebenen Weihnachtslust der Tante Milla bis zu den kleinen, spitzen Seitenhieben auf die Gesellschaft der frühen 1950er-Jahre.
Unterstützt wird Bär von dem vielseitigen Schlagzeuger Stefan Weinzierl, dessen ungewöhnliches Instrumentarium und kreative Klangwelten die Texte musikalisch untermalen. Zusammen schaffen sie ein ungewöhnliches Hörerlebnis, das Literatur, Schauspiel und Musik auf faszinierende Weise verbindet.
Mehr dazu verrät der 64-Jährige im Interview selbst oder auch ganz bewusst nicht:
Weihnachten ist ja ein emotional aufgeladenes Thema. Was verrät Bölls Text Ihrer Meinung nach über deutsche Befindlichkeiten – damals wie heute?
Wie deutsch diese verschiedenen Thematiken sind, die Böll hier anspricht, weiß ich jetzt nicht; den historischen Hintergrund, das gerade mal zwei Jahre zurückliegende Weltkriegsende, bringt der Autor in feinster Ironie als einen unangenehmen, aber notwendigen Erinnerungsmoment des Erzählers an sein Publikum unter; aber die Themen Konsum, Kirche und Familientragik in der Weihnachtszeit haben an Bedeutung bis heute nichts verloren.
Sie arbeiten in dieser Produktion mit dem Klangkünstler Stefan Weinzierl zusammen. Wie entsteht das Zusammenspiel zwischen Stimme und Schlaginstrumentenklang?
Stefan sucht sich literarische Texte aus, die ihn reizen, komponiert Musik dazu und spricht dann KollegInnen von mir, ob sie Lust haben, so eine musikalische Lesung zu performen. In diesem Falle hier ist er auf mich zugegangen, wir haben uns getroffen, geprobt, eine CD aufgenommen- und in 2024 die erste kleine Runde mit dem Abend durch das adventliche Deutschland gemacht, nun gibt es die zweite Auflage dieser Lesereise mit Heinrich Böll, Stefan Weinzierl und mir.
Gibt es in Ihrer Familie Rituale, die an Bölls übersteigerte Weihnachtslust erinnern könnten?
Meine Art, Weihnachten zu verbringen, gehört zu meinem Privatleben.
Glauben Sie, dass sich die deutsche Gesellschaft in Sachen „Tradition“ und „Verdrängung“ wirklich verändert hat?
“Tradition” schließt Veränderung ja naturgemäß aus, ob es nun z. B. ums Brauchtum wie beim Karneval oder Schützenfest geht; die deutsche Weihnachtsfestkultur ist da sicherlich auch ein “Bollwerk” im positiven Sinne. Die “deutsche Verdrängung” im Kontext zu Bölls Satire aus dem Jahre 1952(!) hat heutzutage auf ganz andere, traurige Weise wieder neue Formen angenommen; das macht den Abend ja auf eine subtile Art und Weise sehr aktuell..
Wenn das Publikum den Saal verlässt – was wünschen Sie sich, dass bleibt?
Die Gewissheit, dass Live-Abende immer etwas Besonderes bleiben werden. Und hoffentlich ein wieder erwecktes Interesse an dem großen Literaten Heinrich Böll!
Nach so vielen Jahren als „Tatort“-Kommissar – gibt es Momente, in denen Sie Freddy Schenk im Alltag wiedererkennen – oder bewusst hinter sich lassen müssen?
Sorry, aber….nächste Frage.
Gibt es aktuelle Filmprojekte über die Sie sprechen dürfen?
Vor der Tour haben wir gerade- hoffentlich!- die Dreharbeiten zum Kölner Tatort Nr. 98 abgeschlossen…
Sie sind bekennender Borussia Dortmund Fan. Da stellt sich die Frage, ob Fußball für Sie etwas mit Schauspiel gemeinsam hat? Da gibt’s ja auch Leidenschaft, Teamgeist und manchmal Drama pur….
Die Frage nach Parallelen Schauspiel-Fußball wird gerne bemüht; vielleicht ist es das live erlebte Ereignis, wie bei einem Theaterabend, wo die Zuschauer bei der Erzählung eine Geschichte unmittelbar den Emotionen der Akteure ausgesetzt sind; ansonsten weiß man nie, wie ein Spiel ausgeht, den Schluss von Filmen aber schon..
Nachgefragt bei…Dietmar Bär
| Lieblingsessen: Leber mit Sauerkraut und Kartoffelpüree |
| Lieblingsmusik: Jazz und Klassik |
| Lieblingswort: Imponderabilien |
| Lieblingsort: mein Privatleben |
| Lieblingsmoment: das Ende von Interviews |
Termine zur Konzertlesung:
09.12.2025 Stuttgart ## Theaterhaus
10.12.2025 Frankfurt ## Jahrhunderthalle
12.12.2025 Leipzig ## Kupfersaal
13.12.2025 Magdeburg ## Altes Theater
15.12.2025 Berlin ## Renaissance-Theater
20.12.2025 Hamburg ## Laeiszhalle
21.12.2025 Düsseldorf ## Savoy Theater
22.12.2025 Köln ## Volksbühne
23.12.2025 Köln ## Volksbühne
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