Titelfoto: Theater Plauen-Zwickau
Der Medicus, basierend auf dem Weltbestseller von Noah Gordon, versprach Großes und lieferte. Die aufwendig inszenierte Produktion feierte Premiere im Plauener Parktheater als diesjähriges Sommertheater-Highlight und wird ab August auch die Freilichtbühne am Zwickauer Schwanenteich bespielen. Bereits im Vorfeld angekündigt als „Kostümschlacht“ und „großes sinfonisches Musical“, zeigt sich die Produktion als gewaltiges Bühnenereignis mit über 60 Mitwirkenden und rund 300 Kostümen – ein wahres Spektakel also.
Eine selten gezeigte Musicalfassung mit internationalen Wurzeln
Erst zum zweiten Mal in Deutschland zu erleben, stammt die Musik dieser Adaption von Iván Macías, mit Liedtexten von Félix Amador. Die deutsche Fassung wurde von Hartmut H. Forche und Jamie Roman Briones übertragen.
Kostümbildner Christopher Melching ließ es sich nicht nehmen, sowohl in den Fundus des Theaters zu greifen als auch neue Gewänder bei einem jordanischen Händler in Berlin zu erstehen.
Epische Reise eines Außenseiters: Die Geschichte des Rob Cole
Die Handlung des Stücks folgt der Lebensreise von Rob Cole, der im 11. Jahrhundert als Waise mit einer übernatürlichen Gabe – dem Erspüren des Todes durch Berührung – aufwächst. Aufgenommen von einem fahrenden Heiler, erwacht in Rob das Verlangen, Medizin aus echter Überzeugung zu praktizieren. Da dieses Wissen in Europa nicht verfügbar ist, reist er nach Persien, um beim legendären Gelehrten Avicena zu studieren. Als Christ jedoch unerwünscht, gibt er sich als Jude aus – ein gefährlicher Schritt mit tiefgreifenden Konsequenzen.
Die Rolle des Rob spielt Friedrich Rau, dessen darstellerische und gesangliche Präsenz sich mit fortschreitender Handlung spürbar intensiviert. An seiner Seite Elisabeth Birgmeier als Mary – in der Liebesgeschichte, die zwischen Euphorie und Tragik pendelt.


Der Schah: Chris Murray mit imposantem Auftritt
Chris Murray, gleichzeitig Co-Regisseur mit Horst Kupich, übernimmt die Rolle des Schahs. Anfangs noch zurückhaltend in seiner Wirkung, nutzt er die Schachbrett-Szene als seinen großen Moment. Durchdringend schmetterte seine Stimme die Zeilen über das Publikum hinweg und fesselte dieses für einige Minuten gebannt.
Ein kraftvoller Chor, ein ausdrucksstarkes Ballettensemble und das Orchester gestalten die opulente Klangwelt. Immer wieder brandet Applaus auf und sogar Tränen fließen in den berührenden Momenten. Auch wenn die melodische Linie irgendwie fehlt, wirkt das dynamische Arrangement atmosphärisch.
Gesellschaftliche Themen und musikalische Wagnisse
Die Regisseure Kupich und Murray schrecken nicht davor zurück, aktuelle gesellschaftliche Fragen durch das historische Geschehen hindurch aufzugreifen. Von religiöser Toleranz über Identität bis zur Macht von Wissen – alles schwingt mit. Musikalisch wagt sich das Werk in Richtung Oper, was gelegentlich den Musicalcharakter abschwächt.
Etwas mehr musikalische Kontraste hätten vielleicht gut getan. Die Spannungsbögen kamen eher über die Ambivalenzen der Figuren. Über die drei Stunden hinweg lohnt sich der Blick immer wieder aufs Neue an alle Stellen des Bühnenbildes. Besonders durch die Lichtregie entstehen mit wenigen Mitteln grandiose Veränderungen.
Termine und Spielorte: „Der Medicus“ live erleben
Der Medicus ist an folgenden Terminen im Plauener Parktheater zu sehen:
- 18., 19., 22., 27. und 28. Juni, jeweils um 20 Uhr
- Familienvorstellung am 29. Juni, 16 Uhr
Die Premiere in Zwickau auf der Freilichtbühne am Schwanenteich ist am 21. August um 19:30 Uhr. Frühzeitiges Erscheinen lohnt sich – das Vorprogramm bietet zusätzliche Highlights.

Interview: Friedrich Rau: “Der Medicus ist eine meiner wichtigsten Rollen auf der Musicalbühne”
Interview: Chris Murray: “Ich habe herausgefunden, dass man einen Bösewicht nie böse spielen darf.”
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