Titelbild: Stephanie Rössel – Eine Detail der Mauer
In Plauen wird aktuell ein bedeutendes Kunstwerk aus der DDR restauriert. An der Friedensstraße befindet sich eine rund 29 Meter lange Mauer, die aus insgesamt 332 Formsteinen in zwölf verschiedenen Grundformen besteht. Die Mauer, entworfen von den bekannten DDR-Künstlern Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht, gilt als ein wichtiges Denkmal der Nachkriegsmoderne.
Hintergrund des Kunstwerks: Ein Zeugnis der DDR-Kunst
Die Formsteinwand an der Friedensstraße ist nicht nur ein einfacher Sichtschutz, sondern ein kunsthistorisch wertvolles Objekt. Adler und Kracht, die auch das große Wandbild im Eingangsbereich des Neuen Rathauses entworfen haben, schufen diese Mauer in den 1970er Jahren. Die Wüstenrot Stiftung stellte 2022 fest, dass das Kunstwerk durch Witterungseinflüsse, Graffiti und Moos erheblich gelitten hat. Risse und Korrosionsschäden gefährden die Substanz der Mauer, weshalb nun eine umfangreiche Restaurierung durchgeführt wird.
Restaurierungsarbeiten in vollem Gange
Die Restaurierungsarbeiten begannen in der 34. Kalenderwoche und sollen bis Ende September abgeschlossen sein. Möglich wird dies durch eine finanzielle Unterstützung der Wüstenrot Stiftung in Höhe von 31.000 Euro. Die Restaurierung wird von der Denkmalpflegerin Dagmar Groß fachlich betreut und praktisch vom städtischen Bauhof umgesetzt.
Der Diplom-Restaurator Michael Eilenberger aus Holzhau im Erzgebirge, der den Künstler Karl-Heinz Adler persönlich kannte, erklärt den Prozess der Restaurierung: „Zunächst befreien wir die Mauer von Verschmutzungen und losen Fugenanteilen, um den Erhaltungszustand genauer zu beurteilen. Anschließend werden die durch Korrosionsschäden freiliegenden Bewehrungsstäbe entrostet und mit einem mineralischen Korrosionsschutzanstrich versehen.“ Weiterhin werden fast 400 Risse und Fehlstellen mit einem speziellen Betonersatzmörtel verschlossen, um die Struktur der Mauer so originalgetreu wie möglich zu erhalten. Abschließend erfolgt die Sanierung der Fugen, die farbliche Angleichung der Betonergänzungen sowie eine konservierende Schlussbehandlung der Formsteinoberflächen.
Kunsthistorische Bedeutung und technische Details
Ein weiteres bemerkenswertes Detail ist die patentierte Technik, die hinter dieser Art von Betonformsteinwänden steckt. Die Mauer kann in zwölf Grundformen und deren zahlreiche Variationen zerlegt werden, darunter V-Formen, Viertelkreise und gebogene Spitzen. Diese Formsteine wurden im Betongussverfahren hergestellt und zur Erhöhung der Festigkeit mit Bewehrungsstäben armiert. Allerdings weisen die Bewehrungsstäbe an vielen Stellen eine zu geringe Betondeckung auf, was zu Korrosionsschäden geführt hat.
Besonders ist auch die Farbgebung des Fugenmörtels, die vermutlich Teil des künstlerischen Konzepts ist. Der beige Fugenmörtel hebt sich deutlich vom Betongrau der Formsteine ab und betont so das verbindende Netz der Fugen, was dem Kunstwerk eine dynamische und lebendige Optik verleiht.
Einblick in die DDR-Kunst: Betonformsteinwände als Kontrast zu Plattenbauten
Die Kunstform der modularen Betonformsteinwand erlebte in den 1960er und 1970er Jahren in der DDR einen regelrechten Boom. Neben Adler und Kracht prägten Künstler wie Siegfried Tschierschky und Hubert Schiefelbein diese Entwicklung maßgeblich. Die ornamentalen Formsteinwände dienten als gestalterische Kontraste zu den oft uniformen Plattenbauten und wurden in Außenanlagen in der gesamten DDR eingesetzt. Die asymmetrische Ausführung der Steine verlieh den Wänden eine besonders lebendige und dynamische Optik, die auch heute noch fasziniert.
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