Titelfoto: Theater Hof / H. Dietz
Es dauerte nicht mal eine Stunde, da war das Chaos perfekt – und genau das war beabsichtigt. Mit einem irrwitzigen Tempo, bei dem Dialoge in gefühlt fünffacher Geschwindigkeit über die Bühne flogen, begeisterte die britische Komödie „Alle meine Männer“ bei der Premiere am Freitagabend im Theater Hof.
Schauspielerinnen und Schauspieler sprinteten förmlich von Szene zu Szene, von Tür zu Tür, von Couch zum Sessel und zurück, und das Publikum war sichtlich bemüht mitzuhalten – teils gebannt, teils fast atemlos. Einige Zuschauer gaben irgendwann lachend auf und nutzten die Pause nach gut einer Stunde, die ihnen endlich Zeit zum Luftholen ließ.
Zwei Männer, zwei Wohnungen und ein Geheimnis
Die Handlung katapultiert die Zuschauer in den Winter 1979. Während in Deutschland Schneeberge den Alltag lahmlegen, tobt sich im London jener Zeit ein ganz anderes Unwetter aus – ein persönliches Drama. Eine Stadt, eine Frau, zwei Männer, zwei Wohnungen – verstehen Sie nicht, macht nichts – ist sowieso verboten: Bigamie, verheiratet sein mit zwei Personen.
Vom Klassiker zur Neuinterpretation
Ray Cooney hat sich in der Uraufführung 1982 noch an die Statistik gehalten. In „Doppel leben hält besser“ oder „Taxi, Taxi“ war es ein Mann, der nach straffem Terminplan zwischen zwei Frauen wechselte. In der späteren Fassung dreht Michael Barfoot dies um.
Und so ist es nun auch im Theater Hof in einer Inszenierung von Ralf Hocke zu erleben. „Alle meine Männer“, übersetzt von Frank-Thomas Mende, schickt eine Frau zwischen zwei Herren hin und her.

Eine Taxifahrerin auf geheimer Doppelfahrt
Gute zwei Stunden lang verfolgte das Publikum das Leben der Jackie Smith (Alrun Herbing) auf der Bühne. Die Taxifahrerin lebt mit Ehemann Mark (Marco Stickl) in Wimbledon und mit Ehemann Barry (Jörn Bregenzer) in Streatham. Irrungen, Wirrungen, Chaos und ein wildes Durcheinander überflutet das Publikum. Und früher oder später entlockte es allen Gesichtern ein Lachen.
Eine Inspektorin, zwei Wohnungen, jede Menge Farben
Daran hatte auch die Polizei-Inspektorin Troughton, gespielt von Anja Stange, erheblichen Anteil. Mit schrulligem Charme und kluger Beobachtungsgabe bringt sie das Lügengebäude der Hauptfigur zum Wackeln.
Austoben konnte sich die Bühnen- und Kostümbildnerin Annette Mahlendorf. Mit farbenfrohem Design und klaren Stilzitaten der späten 70er wird der Spagat zwischen zwei komplett unterschiedlichen Wohnungen auf einer Bühne spielerisch gelöst. Ein Hauch von Disco-Ära liegt in der Luft: „Staying Alive“-Feeling inklusive.
Das komödiantisches Feuerwerk, bietet nicht nur Tempo, sondern auch eine gekonnte Portion britischen Humor. Die Frage, ob das fragile Kartenhaus dem Fahrtwind dieser Bühnenachterbahn standhält, bleibt bis zuletzt spannend – und für das Publikum ein ebenso witziges wie rasantes Erlebnis.
Termine und Tickets sind HIER.
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