Constantin von Tischendorf und der Codex Sinaiticus: Vogtlandmuseum besondere Ausstellung zur Bibel

Titelfoto: Stephanie Rössel – Der Mittelpunkt der Ausstellung, der Codex Sinaiticus
Vor genau 150 Jahren, am 7. Dezember 1874, verstarb der bekannte Bibelforscher Constantin von Tischendorf. Zu seinen herausragenden Leistungen zählt die Aufarbeitung und Herausgabe des ältesten Bibeltextes, die er in einem Kloster auf der Sinaihalbinsel entdeckte. Aber auch mit anderen Bibelfragmenten beschäftigte er sich und begründete die wissenschaftliche Textanalyse der Bibelforschung.

Ausstellung im Plauener Vogtlandmuseum

Im Plauener Vogtlandmuseum wurde nun eine Ausstellung dazu eröffnet. Gefüllt wurden die Vitrinen und Rahmen durch den Wissenschaftspublizisten und Fachmann Alexander Schick. Zu seinem Expertengebiet gehören unter anderem die Entdeckungen der Schriftrollen vom Toten Meer sowie die Funde aus dem Katharinenkloster. Schick ist Begründer einer der größten Bibelausstellungen Europas (www.bibelausstellung.de) und Gastdozent für biblische Archäologie. Tischendorf habe ihn schon immer fasziniert, sagt er. So kam es auch zum Kontakt mit einer Nachfahrin von Tischendorf, die am Freitagabend zur Ausstellungseröffnung extra aus London anreiste.

Tischendorf Vogtlandmuseum
Alexander Schick (l.) und Martin Salesch
Tischendorf Vogtlandmuseum
Fotos: Stephanie Rössel
Neues Buch über Tischendorf im Museumshop

Außerdem gibt es im Museumshop ein ganz druckfrisches Buch von Schick über Constantin von Tischendorf. Dieser lebte von 1815 bis 1874 und war ein deutscher Theologe, Paläograf und einer der bedeutendsten Bibelwissenschaftler des 19. Jahrhunderts. Der Bezug zum Vogtland ist von daher so groß, da er in Lengenfeld geboren wurde und in Plauen aufwuchs.

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Sein eigentliches Ziel war es, den ursprünglichen Text der Bibel zu rekonstruieren, indem er Manuskripte verglich, analysierte und publizierte. Schick erzählt, dass es Tischendorfs Bestreben gewesen sei, möglichst alte Dokumente und Aufzeichnungen herbeizuziehen, da diese inhaltlich weniger verfälscht beziehungsweise verändert waren. Neun Jahre sei er damals dafür gereist.

Die Entdeckung des Codex Sinaiticus

Das Werk, das auch im Mittelpunkt der Ausstellung steht, ist der Codex Sinaiticus, ein griechisches Manuskript der Bibel, das aus dem 4. Jahrhundert stammt. Es enthält fast den gesamten Text des Alten und Neuen Testaments und ist eines der ältesten erhaltenen Exemplare des biblischen Kanons.

Tischendorf entdeckte dieses Manuskript während einer Reise zum Katharinenkloster auf dem Sinai im Jahr 1844. Er fand zunächst mehrere Blätter des Manuskripts in einem Korb, die offenbar zum Verbrennen vorgesehen waren. Diese Blätter enthielten Teile des Alten Testaments. Tischendorf erkannte sofort die enorme Bedeutung des Fundes und bat darum, die Blätter mitnehmen zu dürfen.

Während eines weiteren Besuchs im Jahr 1859 gelang es ihm, eine vollständige Abschrift des Manuskripts zu sichern, das bis dahin im Kloster bewahrt worden war. Dieses Mal wurde ihm der Zugang zu weiteren Teilen des Manuskripts gewährt, darunter auch zum Neuen Testament. Mit der Unterstützung des russischen Zaren Alexander II., der die Reise finanziert hatte, konnte er das Manuskript nach St. Petersburg bringen.

Tischendorf Vogtlandmuseum
Fotos: Stephanie Rössel
Tischendorf Vogtlandmuseum
Einblicke in die Ausstellung
Revolution der Bibelwissenschaft durch den Codex Sinaiticus

Die Veröffentlichung des Codex Sinaiticus revolutionierte die Bibelwissenschaft. Es ermöglichte, die Überlieferungsgeschichte der biblischen Texte besser zu verstehen und zeigte, wie sich der Text über Jahrhunderte verändert hatte. Das Manuskript wurde zu einer der wichtigsten Referenzen für die Rekonstruktion des ursprünglichen Bibeltextes.

Die Umstände, unter denen Tischendorf das Manuskript aus dem Katharinenkloster mitnahm, waren lang umstritten. Einige sehen ihn als Helden, der ein unschätzbares kulturelles Erbe gerettet hat, während andere kritisieren, dass er das Manuskript ohne die volle Zustimmung des Klosters mitnahm. „Das konnten wir alles bis hin zu Schenkungsurkunden nachweisen“, entkräftet Alexander Schick diese Kritik.

Heute ist der Codex Sinaiticus in mehrere Teile aufgeteilt: Der größte Teil befindet sich in der British Library in London, einige Blätter im Katharinenkloster, in der Russischen Nationalbibliothek in St. Petersburg und wenige Fragmente in der Leipziger Universitätsbibliothek.

Ausstellung mit Bezug zum Vogtland

In Plauen werden viele Dokumente gezeigt. Lesenswert und sehenswert aneinandergereiht, gibt es auch einen Bereich, der sich ausschließlich auf das Vogtland und Plauen bezieht. Zu sehen sind aber auch Broschen und Briefe, Offizielles und Privates. Einige Dinge hat der Tischendorf-Fachmann für viel Geld bei einem Onlineauktionshaus ergattert, andere Sachen durch Zufall gefunden.

Bis zum 5. Januar ist die Sonderausstellung zur Geschichte des berühmten Bibelforschers im Vogtlandmuseum zu sehen.

Stephanie Rössel
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