Was, wenn VW geht? Zwickau droht der Absturz als Automobilstandort

Titelfoto: Volkswagen AG
Einst als Vorzeigestandort der deutschen Automobilindustrie gefeiert, gerät Südwestsachsen zunehmend unter wirtschaftlichen Druck. Der Wandel in der Automobilbranche trifft die Region Zwickau mit voller Wucht – und zieht weitreichende Folgen für Beschäftigung, Wertschöpfung und soziale Stabilität nach sich. Vor diesem Hintergrund haben sich zentrale regionale Akteure – der Landkreis Zwickau, die Stadt, die IHK-Regionalkammer sowie die Sparkasse Zwickau – zusammengeschlossen, um mit vereinten Kräften eine wirtschaftliche Neuausrichtung einzuleiten.

In einer gemeinsam in Auftrag gegebenen Studie zur wirtschaftlichen Situation der Region wird deutlich, dass die Auswirkungen erheblich sein werden. Nach dem ersten Einbruch in der Industrie geht es immer weiter.

“Die zweite Welle ist nun bereits angekommen. Sie betrifft die Zulieferer. Bevor die nächste Welle die Dienstleister angreift, wollen wir einen Strukturumbruch auf den Weg bringen“, erklärte Landrat Carsten Michaelis am Montagvormittag gegenüber den Medien.

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Anstieg der Arbeitslosigkeit und Zurückhaltung bei Neueinstellungen

Die wirtschaftliche Krise zeigt sich auch am regionalen Arbeitsmarkt. Laut Andreas Fleischer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Zwickau, sei in den vergangenen Monaten – insbesondere im letzten Quartal – ein drastischer Anstieg der Arbeitslosigkeit von 37 Prozent zu verzeichnen. Gleichzeitig zeigen sich die Unternehmen zurückhaltend bei Neueinstellungen. Laut Fleischer werden aktuell nur neue Fachkräfte gesucht, Hilfskräfte dagegen kaum noch.

Angesichts dieser alarmierenden Entwicklung wurde ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das gezielt auf den anstehenden Strukturwandel reagiert. Durch eine breitere Marktansprache sollen beispielsweise auch jenseits der Automobilbranche steuerliche Anreize bessere Bedingungen schaffen und Schlüsselbranchen wie Maschinenbau, Fahrzeugtechnik und IT gestärkt werden. Gleichzeitig sollen zirkuläre Geschäftsmodelle wie Recycling und Retrofit gefördert, Zukunftstechnologien wie Robotik, 6G und autonome Systeme ausgebaut und ein leistungsfähiger Infrastrukturkorridor mit Serverparks und internationaler Vernetzung aufgebaut werden.

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Sonderwirtschaftszone und Digitalisierung: Schlüssel für die Zukunft

Frank Löschmann von der SisTeam GmbH, ehemals CEO bei Volkswagen und Mitautor des Strategiepapiers, betont die Notwendigkeit umfassender Reformen: „Man kann sich nicht darauf verlassen, dass VW den Standort erhalten wird, aber selbst wenn, dann nicht mehr in der Größenordnung wie bisher.“

Gefordert werden klare wirtschaftspolitische Signale in Form von Steuererleichterungen und Bürokratieabbau. Der Begriff der Sonderwirtschaftszone fällt. Die Region müsse sich von der ausschließlichen Abhängigkeit von der Automobilindustrie lösen. „Man müsse in der Mobilität bleiben und Mobilität nicht nur als Automotive verstehen. Man müsse zwingend in den Themen Informatik, Kommunikation, Datengeschwindigkeit und auch Verteidigung aktiv werden“, regt Löschmann an.

Transformation nach internationalen Vorbildern

In ihrer langfristigen Strategie orientiert sich die Taskforce an erfolgreichen Transformationsbeispielen wie dem Baskenland in Spanien oder dem Chengdu-Chongqing-Wirtschaftskorridor in China. In einer Koordinierungsstelle sollen künftig die Aktivitäten gebündelt, Maßnahmen priorisiert und der Fortschritt kontinuierlich überprüft werden.

Trotz aller Bemühungen um Diversifizierung bleibt das Ziel, die Automobilindustrie als tragende Säule zu sichern. Gleichzeitig soll sie durch neue Technologien, Branchen und digitale Kompetenzen ergänzt werden. In vier Wochen will die Taskforce erneut zusammenkommen, um weitere Schritte abzustimmen. „Man dürfe nicht nur planen, sondern müsse handeln“, so der gemeinsame Tenor aller Beteiligten.

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