Titelfoto: Stadt Plauen
“Ich habe hier die ganzen Jahre tolle Kolleginnen und Kollegen gehabt und konnte mich beruflich wirklich frei entfalten und entwickeln”, sagt Steffen Kretzschmar über fast 35 Jahre im Plauener Rathaus. Die schwierigen und stressigen Phasen habe er natürlich nicht vergessen, nur jetzt mit dem Blick zurück, wiegen die nicht mehr so schwer.
Am Wochenende feierte Kretzschmar seinen 63. Geburtstag. Mit diesem Tag trat er auch offiziell in den Ruhestand. Doch vorerst wird er weiterhin einen Tag pro Woche in der Stadtverwaltung unterstützen. In sein “Baukastensystem” ist Einarbeitung notwendig und jemand ins kalte Wasser schubsen sei nicht sein Ding, sagt er selbst. Außerdem habe er sehr gerne gearbeitet.
“Ich finde es im Übrigen nicht gerechtfertigt, dass man den Plauenerinnen und Plauenern immer nachsagt, dass sie Stänkerer seien. Das stimmt gar nicht, sondern es ist immer eine Sache, wie man auf Menschen zugeht und mit ihnen spricht”, sagt der 63-Jährige, der immer ein Lächeln auf dem Gesicht hat. Seine ruhige Art hat in der Vergangenheit wohl bei so einigen schwierigen Themen Steine aus dem Weg gerollt.
Von der Wendezeit ins Rathaus: Der Beginn einer langen Laufbahn
Bevor Kretzschmar seinen Weg im Rathaus einschlug, war er zehn Jahre als Werkzeugmacher bei der ELGAWA tätig. In den politisch bewegten Monaten des Umbruchs engagierte er sich gemeinsam mit Kollegen wie Jörg Schneider aktiv in den Wendemonaten.
Sein direkter Bezug zur Stadtverwaltung begann Anfang 1990, als er für das Neue Forum in den Stadtrat gewählt wurde. Dort übernahm er für drei Jahre die Rolle des Fraktionssprechers.
Hilfe in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
Die Nachwendezeit brachte tiefgreifende wirtschaftliche Veränderungen. Der Arbeitsmarkt in Plauen kollabierte, Betriebe schlossen und viele Menschen verloren ihre Jobs. „Ich wurde gefragt, ob ich hier helfen könnte und so wechselte ich in die Stadtverwaltung – zunächst als Koordinator für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Dabei brachte ich bis zu 350 Menschen zeitweise in Arbeit, war an der Gründung von Beschäftigungsgesellschaften beteiligt und bei einer davon als Aufsichtsratsvorsitzender tätig“, erinnert sich Steffen Kretzschmar.
Wahlen, Ordnung und Statistik: Eine vielseitige Karriere
1993 wechselte er für ein Jahr ins Büro des Oberbürgermeisters Plauen. Er wurde Vorsitzender des Gemeindewahlausschusses und war später als Stadt- und bis 2009 auch als Kreiswahlleiter tätig.
Von 1994 bis 1997 widmete er sich als Sachbearbeiter allgemeinen Ordnungsaufgaben. Themen wie Waffenhandel, Schützenvereine, Feuerwerke und sogar Bombenfunde fielen in seinen Zuständigkeitsbereich.
2000, wieder im Büro des Oberbürgermeisters, übernahm er die Leitung der Statistikstelle. Von 2004 bis Mitte 2021 leitete Kretzschmar unter Mitnahme seiner Aufgaben als Wahlleiter und Statistiker das Fachgebiet Bürgerbüro/Service/Wahlen und trug maßgeblich zum Aufbau des Bürgerbüros bei.
Bürgerbüro, Mietspiegel und Zensus – Kretzschmars Handschrift in Plauen
„2021 übergab ich die Wahlen und die Fachgebietsleitung an die jüngere Generation. Meine letzte Station im Plauener Rathaus war schließlich die Leitung der Kommunalen Statistikstelle. Hier konnte ich Projekte wie den Mietspiegel und den Zensus erfolgreich mit meinem Team umsetzen“, erzählt er. Diese Projekte hatten langfristige Auswirkungen auf die Stadtentwicklung und boten wertvolle statistische Grundlagen für die kommunale Planung.

Der Zeitreisende mit großer Liebe zur Natur
Im Ruhestand nun wird er weiter früh aufstehen. “Früh raus, mit den Hunden eine Wanderung machen oder bald wieder das Fahrrad rausholen – darauf freue ich mich, denn ich bin gerne draußen. Und solange meine Frau noch berufstätig ist, müssen wir unsere Reiseaktivitäten mit dem kleinen Wohnanhänger noch auf die Wochenenden verlagern”, verrät er.
Unterwegs ist Steffen Kretzschmar allerdings nicht nur zu vielen Orten, sondern auch in der Geschichte. Eigentlich ist er ein Zeitreisender und das liebt er sehr und möchte dies auch intensiv weiterleben. Am kommenden Wochenende taucht er ab in die Schmugglerjahre des 19. Jahrhunderts. Zu Ostern wird er Teil des siebenjährigen Krieges, auf der Festung Königsstein lebt der 30-jährige Krieg wieder auf. Ende Oktober wird vor dem Schloss Netzschkau (in diesem Jahr nicht Mylau) ein historisches Lager zur Musterung aufgeschlagen, doch zuvor wird man zur “Nacht der Museen” am Komturhof in Plauen schon einen Eindruck von seinem besonderen Hobby bekommen können.
Und wer neugierig ist und ein wenig interessiert an Geschichte, der findet in dem Mann aus Pöhl, mit dem endlosem Wissen, einen guten Ansprechpartner.
Nachgefragt bei…Steffen Kretzschmar
Lieblingsessen: Sauerbraten mit Bambes |
Lieblingsmusik: Country und Irish Folk |
Lieblingswort: keine Ahnung |
Lieblingsort: Zuhause |
Lieblingsmoment: Vorfreude |
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