Titelbild: Screen / Archiv
Die Geschichte von Peggy Knobloch, die 2001 spurlos verschwand, hat über Jahre hinweg die Öffentlichkeit bewegt und zahlreiche Ermittlungen ausgelöst. Jetzt könnte das Schmerzensgeldverfahren der Mutter gegen einen 47-jährigen Mann, welches das Landgericht Hof im Mai zurückwies, in die nächste Instanz gehen.
Mutter fordert Schmerzensgeld
Peggys Mutter, Susanne Knobloch, fordert nun mindestens 75.000 Euro Schmerzensgeld für das seelische Leid, das sie durch die jahrelange Ungewissheit über das Schicksal ihrer Tochter erlitten hat. Die Klage richtet sich gegen einen heute 47-jährigen Mann, der 2001 in Lichtenberg lebte. Er gestand 2018, Peggys Leichnam vergraben zu haben, zog dieses Geständnis aber später zurück und behauptete, es sei unter Druck entstanden.
Gerichtliche Auseinandersetzung
Das Landgericht Hof wies den Vorwurf des unrechtmäßigen Verhörs zurück, das Geständnis sei rechtlich korrekt zustande gekommen. Die Anwältin von Susanne Knobloch argumentiert, dass das Verschweigen von Wissen über Peggys Schicksal nicht toleriert werden dürfe. Der Verteidiger des 47-Jährigen fordert die Abweisung der Klage, da sein Mandant nichts mit dem Verschwinden von Peggy zu tun habe.
Frist beim Oberlandesgericht in Bamberg läuft ab
Mit der Einlegung der Berufung ist das Verfahren nun beim Oberlandesgericht Bamberg in der 2. Instanz. Die Klägerin bleibt nur noch wenig Zeit, denn die zweimonatige Frist, um die Berufung zu begründen, läuft bald ab. Das Oberlandesgericht kann anschließend der Gegenseite eine Frist setzen, innerhalb derer diese schriftlich auf die Berufungsbegründung erwidern kann.
Info: Pressemitteilung des Langerichtes in Hof
Mögliche Entscheidungen des Berufungsgerichts
Das Berufungsgericht wird im weiteren Verlauf entscheiden, ob es einen Termin zur Berufungshauptverhandlung ansetzt oder im Beschlusswege eine Entscheidung trifft.
Juristen bewerten die Erfolgsaussichten der Schmerzensgeld-Klage unterschiedlich. Während einige Experten eine Zahlung für möglich halten, verweisen andere auf die fehlende Überführung eines Verantwortlichen durch die Staatsanwaltschaft.
Ein Rückblick
Das Verschwinden (2001)
Peggy Knobloch wurde am 7. Mai 2001 im Alter von neun Jahren in Lichtenberg, Bayern, zuletzt lebend gesehen. Sie kam an diesem Tag nicht von der Schule nach Hause, was sofort eine großangelegte Suchaktion auslöste. Trotz intensiver Bemühungen der Polizei und zahlreicher Freiwilliger gab es zunächst keine Spur von Peggy.
Erste Ermittlungen und Verdächtigungen
Der Fall erlangte schnell große mediale Aufmerksamkeit. Die Polizei ermittelte in viele Richtungen, wobei verschiedene Verdächtige ins Visier gerieten. Im Jahr 2002 wurde Ulvi Kulac, ein geistig behinderter Mann aus Peggys Nachbarschaft, festgenommen und später wegen Mordes an Peggy verurteilt. Diese Verurteilung stützte sich weitgehend auf ein Geständnis, das Kulac später widerrief, sowie auf Indizien, die nach heutigem Stand als sehr fragwürdig gelten.
Zweifel und Wiederaufnahme der Ermittlungen
Im Laufe der Jahre wurden zunehmend Zweifel an der Verurteilung von Kulac laut. 2013 wurde das Verfahren neu aufgerollt, und 2014 wurde Kulac schließlich freigesprochen. Dies war ein bedeutender Wendepunkt im Fall, der die Frage aufwarf, wer tatsächlich für Peggys Verschwinden verantwortlich war.
Der Fund der sterblichen Überreste (2016)
Am 2. Juli 2016 entdeckte ein Pilzsammler in einem Waldstück nahe Rodacherbrunn in Thüringen, etwa 20 Kilometer von Peggys Heimatort entfernt, menschliche Knochen. Diese wurden schnell als die sterblichen Überreste von Peggy identifiziert. Die Entdeckung brachte neue Hoffnung auf eine Lösung des Falls, jedoch blieb die genaue Todesursache unklar.
Weitere Entwicklungen und Spekulationen
Die Ermittlungen wurden nach dem Fund der Knochen intensiviert. Ein neuer Verdächtiger, ein Mann namens Manuel S., der als Neonazi bekannt war, geriet in den Fokus der Ermittler. Er bestritt jedoch jede Beteiligung, und bis heute konnte kein endgültiger Täter überführt werden.
Öffentliche und juristische Nachwirkungen
Der Fall Peggy Knobloch hat weitreichende Auswirkungen auf die deutsche Rechtsprechung und Polizeiarbeit gehabt. Insbesondere die Verurteilung und der spätere Freispruch von Ulvi Kulac warfen Fragen zur Verlässlichkeit von Geständnissen unter Druck sowie zur Qualität der kriminaltechnischen Ermittlungen auf.
Nach 20 Jahren Krieg, Krise und dem Großenganzen journalistisch in das beschauliche Vogtland gewechselt. Ein Momentesammler und Geschichtenerzähler. Neugierig, nahe an den Menschen und manchmal ein bisschen frech. :) Folge mir doch auf X (ehemals Twitter)