Titelfoto: Driftwood Holly
“Willkommen im Holly-Versum. Am Anfang von jedem Abenteuer steht der Aufbruch.” Besser kann die Begrüßung auf der Homepage gar nicht sein – bei jemand der Freiheit immer in Großbuchstaben schreibt und dessen bürgerlichen Name nahezu unbekannt ist. Dafür trifft man zwischen Oberwiesenthal und Kanada immer wieder Menschen die sagen: “Ach ja, Driftwood Holly.”
Zwischen unzähligen Abenteuern hat der Musiker im Jahr 2013 sein Debütalbum “Little Lilly Mammoth Hair” in seiner Blockhütte aufgenommen. Zu seiner Band gehören Silly-Bassist Jäcki Reznicek und der Violinisten Pavel Osvald. 2021 kreierte der Mann, der sich keine Grenzen setzen lassen möchte, eine schwimmende Show-Bühne im Yukon-Stil und gab auf der Elbe mehr als zwei Dutzend Konzerte.
Nicht nur in seinen Songs erzählt er Geschichten. Er schreibt sie auch lesbar nieder. Erst in diesem Monat hat er sein Buch “Ich war einmal” veröffentlicht. Was ihn gerade um- und antreibt, erzählt er selbst:
Du hast ganz aktuell ein Buch auf den Markt gebracht. „Ich war einmal“ – Wann kam die Idee?
Ich habe tatsächlich 15 Jahre an dem Buch geschrieben und habe das auch schon mehrfach wieder umgeschrieben, weil sich über die Jahre einfach durch die persönliche Entwicklung auch Ansichten geändert haben. Meine Frau hat irgendwann mal gesagt, deine Geschichte ist so bunt und real und es gibt ja auch viele Einblicke die ich bekommen habe durch meinem Lebensweg. Vielen Menschen war das ja vorenthalten, besonders eben DDR-Bürgern. Und es ging darum eben mal diese Sache von innen zu beleuchten, wie es denn wirklich war. Das fand ich in der Zeit jetzt, wo diese Generation noch lebt, irgendwie wichtig. Ein paar Sachen müssen da einfach mal erzählt werden.
Wie lange hast du daran getüftelt? Hast du Außenstehende zwischendurch lesen lassen oder dir Rat geholt?
Also soweit ich mich erinnern kann, habe ich eigentlich niemand Probelesen lassen. Ich habe ja doch eine sehr eigene Art Sachen zu erzählen und habe dann auch peinlichst drauf geachtet, dass das auf meine Art erzählt wird. Es ist ja autobiographisch und ich bin ein sehr emotionaler Mensch. Also habe ich die Geschichten so erzählt, wie sie sich angefühlt haben aus meinem Blickwinkel.

Warum sollte man dieses Buch unbedingt lesen?
Da gibt es massig Gründe. Die Lustigkeit des Lebens tropft einfach aus dem Buch raus. Ich glaube ich kann die Komik die das Leben bereit hält ganz gut rüberbringen und kann auch über mich selbst lachen. Außerdem habe ich ja die Hälfte meines Lebens in der DDR gelebt und die andere Hälfte in Kanada, also in völlig unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen. Während dieser Zeit habe ich fast 40 Länder bereist. Und dann gibt es natürlich in diesem Buch eine Persönlichkeitsentwicklung, die man verfolgen kann. Viele Menschen scheinen ja doch unter relativ viel Druck zu sein gerade und ich aber nicht so richtig. Ich habe also einen ganz guten Weg gefunden mit dem Leben umzugehen. Abgesehen von Schicksalsschlägen oder plötzlichen Krankheiten, bietet das Leben wirklich wunderbare Möglichkeiten. Und es ist eine Gabe diese zu nutzen. Ich glaube, dass das Buch dabei ein kleines bisschen mithelfen kann, den einen oder anderen Schritt in Richtung Abenteuer, Entspannung oder Freude zu machen. Das ist, glaube ich, auch der Hauptauftrag meiner Kunst.
Es geht um deine Leben? Welchen Teil deckt es denn ab? Wann steigst du ein und in welcher Lebensphase endet es?
Das Buch beschreibt die ersten 30 Jahre meines Lebens, von meiner Geburt über eine Phase im DDR-Leistungssport als Jugendlicher, bis ich ungefähr 18 oder 19 war. Ich erzähle von der Lehre als Autoschlosser und wie ich Pflichtwehrdienst an der Mauer geschoben habe und den Zerfall dieser dort miterlebt habe. Es folgten die ersten Jahre des Kapitalismus, als selbständiger Dachdeckermeister und dann die Verwandlung in ein Leben voller Abenteuer. Meine erste Reise ganz allein auf dem Yukon ging 500 Kilometer in Richtung Dawson City, die Stadt über die Jack London den Ruf der Wildnis geschrieben hat. Als ich dort mein Kanu am Bootssteg festgemacht habe, wurde mein Leben erneut komplett auf den Kopf gestellt.
Also bleibt noch ein ganzes Stück Leben offen? Das folgt in weiteren Büchern?
Ich habe sehr schnell gemerkt, dass ich selektieren muss. Nicht, weil ich Angst hatte, dass das Buch zu dick wird, sondern weil ich mir auch nicht zu viel vornehmen wollte. Darum habe ich das realistisch Machbare in dieses erste Buch gepackt. Das zweite ist jetzt nicht direkt geplant. Ich bin jetzt erstmal froh das geschrieben zu haben. Natürlich gibt es Interesse einen zweiten und dritten Teil zu schreiben. Denn dann kam noch so viel. Wir haben zwei Kinder in der Wildnis aufgezogen, sind über 30.000 km mit Hundeschlitten gefahren und haben uns auf die unterschiedlichste Weise fortbewegt.
Du warst im DDR-Leistungssport? Viele sagen es hat sie nachhaltig geprägt und verändert? Nicht alle sprechen positiv von dieser Zeit? Würdest du sagen, dass es dich noch beeinflusst?
Ich fand den DDR-Leistungssport im Nachhinein in eine fantastische Sache. Wir haben ja als Kinder angefangen. Im Alter von sechs Jahren sind wir schon Skispringer geworden. Das war am Fichtelberg einfach so. Da hast du gleich die Skier angeschnallt bekommen, bevor du laufen konntest. Das war schon eine sehr, sehr intensive Zeit. Man hatte dort wirklich Privilegien mit Sportmaterial, mit gutem Essen, mit guter Organisation und natürlich auch die Perspektive sich international zeigen zu können und zu reisen. Das ist mir leider nicht gelungen, einfach weil ich das Zeug dazu nicht hatte. Es war eine gute Sache, die sich auch positiv ausgewirkt hat. Also Dinge wie, sich auf eine Sache wirklich zu konzentrieren oder das durchzuziehen oder über seine Leistungsgrenze zu gehen, um etwas zu erreichen. Und von der Fichtelbergschanze zu springen, bei schönem Wetter, mit bisschen Luft von vorne – das war schon echtes Fliegen.
Skispringen und Fliegen sagst du ja selbst liegen nah beieinander. Kannst du dich an dieses Gefühl noch erinnern? Ist es einer der Gründe, warum du auch heute liebst frei zu sein? Dir die Möglichkeit lässt an den Ort „zu fliegen“ an den du möchtest?
Ich bin ja schon immer und auch heute noch ein ziemlicher Freiheitsvogel. Ich weiß jetzt nicht ob Skispringen oder Nordische Kombination direkt was damit zu tun haben mental fliegen zu lernen. Wir wollten reisen, wir wollten die Welt sehen. Vielleicht hat es also was damit zu tun. Insgesamt habe ich aber in meinem Leben schon immer zu kämpfen gehabt, wenn mir irgendwelche Korsetts angezogen wurden, die mir nicht gepasst haben. Wenn es eben bestimmte Regeln gab, die ich für dieses Leben auf dem Erdball als einschränkend empfunden habe. Dann entsteht in mir eine Kampf, der sofort diese Sachen attackiert und das ist bis heute auch so. Ich lebe sehr, sehr frei und nehme mir raus die Welt zu bereisen. Alles mit meinen Augen anzuschauen, mich nicht allzu viel mit Vorurteilen zu beschäftigen und einfach die endlosen Möglichkeiten zu nutzen. Menschsein hat seine Schwierigkeiten, aber es hat auch seine unglaublichen fantastischen Seiten. Wir haben schon so viel erfunden und so viel rausgefunden was an ein Wunder grenzt und an diesen Wundern nehme ich sehr gerne teil. Und wenn man darüber erzählt, dann geht es auch irgendwie der Massen besser.
Wie sind die ersten Reaktionen auf das Buch?
Die ersten Reaktionen sind überwältigend. Vielleicht sitzen wir ja doch auf so einem schönen Bestseller, weil der Bedarf an guten Lebensgeschichten gerade den Zeitgeist trifft. Ich hatte die Wirkung des Buches völlig unterschätzt und dachte ich mach das einfach so wie ein neues Album. Aber es sind sehr viele überwältigende Reaktionen darauf gekommen. Es ist halt ein bisschen eine Offenbarung. Sich so zu zeigen bedingt eine Menge Mut – den hatte ich. Und der wird jetzt belohnt. Ich bin so beglückt, dass das Buch es in die neue Zeit geschafft hat. Jeder kann es im eigenen Rhythmus lesen und erfahren. Manche behandeln es wie eine Pralinenschachtel und heben es sich für einen besonderen Moment auf. Das ist für mich eine schöne und wertschätzende Erfahrung. Und ich hoffe, dass viele Menschen es in die Hand bekommen, denn alle die es bis jetzt gelesen haben, hatten ein fettes Grinsen auf dem Gesicht.
Wie bringst du es aktuell persönlich unter die Menschen? Auf Konzerten/Lesungen?
Das Buch ist auf allen Plattformen zu erhalten. Bei BOD, das ist Books on Demand, kann man es einfach bestellen. Bei meinen Konzerten und Lesungen kann man es natürlich auch kaufen. Ich habe mir selbst ein paar Kisten bestellt und signiere die Bücher auch. Wann es die nächsten Lesungen gibt, hängt ein kleines bisschen von meiner Abenteuerlust ab. Aber momentan bin ich noch da und ein zwei Sachen könnten sich schon noch ergeben. Das gebe ich dann immer auf meinen Kanälen und Webseiten kurzfristig bekannt.


Magst du noch was zu deinem musikalischen Treiben im Moment sagen?
Über meine musikalische Arbeit kann ich nur sagen, dass ich da total entzückt bin, wie schnell die Häuser voll waren. Selbst bei den Soloshows kommen so viele Leute, die einfach den Abend miteinander genießen wollen. Musikalisch habe ich zwei neue Lieder in der Zerre. “Die Königin” und “Wir sind die mit dem Ballon“. An den Liedern texte ich gerade rum. Und ansonsten bin ich dann wahrscheinlich erstmal wieder auf Inspirationssuche. Und finde irgendwo auf der Welt Dinge, die mich zum Staunen bringen und die ich dann wieder künstlerisch umsetzen kann. Und dann haben wir natürlich immer unsere Überraschungsmomente, wo die ganze Band mal auftaucht und da treffen ja echt ein paar Ausnahmetalente aufeinander.
Nachgefragt bei…Driftwood Holly
Lieblingsessen: …die Rouladen meiner Mutti |
Lieblingsmusik: …ist alles was Eddie Vedder macht |
Lieblingswort: Freiheit oder Zufriedenheit oder Wohlbefinden |
Lieblingsort: …der an dem ich gerade bin |
Lieblingsmoment: …jeder lustvolle Moment |
Mehr Informationen zu Driftwood Holly HIER. Das Buch bestellen HIER.
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