“Das Leben ein Traum”: In der Manege des Lebens brilliert Calderóns Drama im Theater Hof

Titelfoto: H. Dietz
Ein Rauschen in der Luft. Flugblätter rieseln aus dem Nichts. Weiß bemalte Gesichter tauchen aus dem Halbdunkel auf, Verse hallen durch den Raum. Noch bevor das Publikum realisiert, was geschieht, ist es schon mittendrin in einem Spiel zwischen Wirklichkeit und Illusion, in einem Versdrama, das Gedanken aufwühlt und Blicke fesselt.

Mit Das Leben ein Traum gelingt dem Theater Hof ein seltenes Kunststück. Ein Stück voller Dichte und Denkkraft wird zur unmittelbaren, körperlich spürbaren Erfahrung. Keine leichte Kost – und doch überwältigend zugänglich inszeniert.

Wer hier nur ein klassisches Drama erwartet, erlebt eine Überraschung. Wer sich auf eine Reise ins Ungewisse einlässt, wird reich belohnt. In der Bühnenfassung von Soeren Voima, unter der Regie von Alejandro Quintana, wird Pedro Calderón De La Barcas berühmtes Versdrama zur sinnlichen wie geistigen Erfahrung.

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Ein Bühnenabend für Liebhaber von Literatur, Philosophie und Tiefe

Wer dieses Stück wählt, gehört wohl kaum zum typischen Komödien-Klientel. Das Publikum, das sich für für dieses Stück entscheidet, sucht kein leichtes Amüsement, sondern Auseinandersetzung mit Erkenntnis, Existenz und freiem Willen.

Zu Beginn des Abends mag noch Skepsis mitschwingen – ob der Stoff womöglich sperrig bleibt. Doch dieser Gedanke verfliegt so schnell, wie die Flugblätter zu Beginn.

Carolin Waltsgott und Benedict Friedrich öffnen die Tür zur Welt des Traumes

Carolin Waltsgott (Rosaura) und Benedict Friedrich (Clarin) ziehen mit einer Mischung aus Dringlichkeit und Poesie in ihren Bann. Die weiß geschminkten Gesichter, die fein artikulierten Verse, das Spiel zwischen Nähe und Schmerz – alles entfaltet sofort Wirkung.

Besonders Jörn Bregenzer als Sigismund liefert eine erschütternde wie faszinierende Darstellung. Seine existentielle Frage „ob Mensch oder Tier“ trifft den Kern des Dramas und wirkt durch die Inszenierung besonders eindrücklich.

Ein Element, das die Intensität maßgeblich steigert, ist die Raumbühne. Die Schauspielerinnen und Schauspieler agieren nicht auf Distanz – sie stehen teils nur eine Armlänge entfernt. Es entsteht eine ungeschönte Intimität, ein direkter Blick in die Augen, ein Gefühl des Miterlebens. Solche Nähe ist im Theater selten und hier besonders wirkungsvoll.

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Foto: H. Dietz
Zirkusmanege als Bühne für eine existenzielle Frage: Was heißt Leben?

Die Sitzplätze umranden das Geschehen, umgeben von hohen Gerüsten, Scheinwerfern, schwebenden Bühnenelementen – alles wirkt wie ein bewegliches Labyrinth. Im Zentrum eine Manege.

Die Entscheidung, das Spiel in eine Zirkusatmosphäre zu verlagern, ist klug. Sie spiegelt die Groteske und Fragwürdigkeit der Welt wider. Das Drama, das auf einer einzigen Frage beruht – „Was heißt Leben?“ – findet so eine visuelle Entsprechung.

Ein spanisches Versdrama als klangvoll-zeitloses Bühnenereignis

Das Werk wurde 1635 in Madrid uraufgeführt und zählt zu den bekanntesten Versdramen des spanischen Dramatikers und Poeten Calderón De La Barca.

In Hof erlebt es seine Erstaufführung in Voimas Bearbeitung. Die Handlung dreht sich um König Basilius (Andreas Wobig), der seinen Sohn Sigismund – aus Angst vor einer düsteren Prophezeiung – seit dessen Kindheit in einem Turm gefangen hält.

Sigismund, der die Welt nur durch die Berichte seines Kerkermeisters Clotald (Marco Stickel) kennt, wird schließlich auf eine harte Probe gestellt. In einer Versuchsanordnung testet der König das Schicksal – und seinen Sohn.

Die Inszenierung vereint Tragik, Komik und existenzielle Wucht zu einem berührenden Erlebnis. Die Intensität mit der Darstellende spielen, ist durch die Nähe potenziert zu erleben. Das Licht hebt die Farben und Strukturen der unglaublichen Stoffe hervor, die für die Kostüme gewählt wurden. Und die eigens komponierte Musik verstärkt jegliche Emotion in ihrer Art.

Das Leben ein Traum ist mehr als ein Theaterabend. Es ist eine Reise ins Zentrum menschlicher Existenz. Es fesselt. Es erschüttert. Und endet mit einem Rütteln an der Schulter, das das Publikum beim Hinausgehen noch immer spürt.

Mehr Informationen zum Schauspiel, Termine sowie Tickets: www.theater-hof.de

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