Es zischt, es dampft, und ein würziger Duft zieht durch die Hofer Altstadt: Der Wärschtlamo ist unterwegs. Seit 1871 prägt die Figur mit dem glänzenden Messingkessel auf der Schulter das Stadtbild – eine mobile Institution, die längst zum kulinarischen Wahrzeichen geworden ist.
Die Idee entstand, als Johann Albrecht Sandner, frisch im Gewerberegister als Wursthändler eingetragen, beschloss, den Hunger dorthin zu tragen, wo er am größten war – direkt auf die Straße. Ein tragbarer Kessel mit Holzkohlefeuer, ein Korb voller Brötchen, etwas Senf und die passenden Rufe reichten, um aus einem einfachen Verkauf eine kleine Sensation zu machen.
„Haaß senn sa – kold wern sa!“ hallte es bald durch die Gassen. Heiß waren die Würste, und kalt sollten sie schließlich nicht werden. Mit diesem Spruch begann die Erfolgsgeschichte, die schnell Schule machte. Schon wenige Jahre später tummelten sich mehrere Wärschtlamänner und -frauen in Hof, jeder mit eigenem Kessel und festem Platz. Ende der 1920er-Jahre waren es beinahe dreißig, die die Stadt mit ihrem Dampf erfüllten.

Alltag zwischen Kessel und Kladderadatsch
Der Tagesablauf ist seit jeher klar geregelt: Früh am Morgen geht es zum Metzger, später zum Bäcker, um die länglichen Hofer „Stölla“ einzusammeln. Dann wird der Kessel befüllt, die Brühe erhitzt und das Feuer sorgfältig geschürt. Gegen neun Uhr beginnt der Verkauf, und bis in den Nachmittag hinein steigen die Dampfschwaden in die Luft. Wenn die Glut erlischt, wird der Kessel gereinigt und auf Hochglanz poliert.
Der Wärschtlamo ist dabei nicht nur Verkäufer, sondern auch Plauderer, Geschichtenerzähler und vertrautes Gesicht im Alltag. Zwischen Brötchenhälften und Senfportionen entsteht ein Stück gelebter Stadtkultur.
Vom Bauchladen zum Denkmal
Über die Jahrzehnte wurde die Figur zum Symbol. Seit 1954 erinnert ein Denkmal am Sonnenplatz an die lange Tradition. 2021 erhielt der Wärschtlamo sogar ein eigenes Jubiläumslogo, und in jüngerer Vergangenheit wagte die Stadt einen humorvollen, wenn auch gescheiterten Versuch, den Wurstverkäufer als Ampelmännchen einzuführen.
Lizenz mit Geschichte
Bis heute ist der Wärschtlamo ein reguliertes Gewerbe. Verkaufsplätze, Hygienevorgaben und Kleidung sind festgelegt, die Konzession streng geregelt. Rund ein halbes Dutzend Wärschtlamänner teilen sich inzwischen die Innenstadt. Viele von ihnen stammen aus Familien, die diese Tradition seit Generationen weitertragen.

Kult und Jubiläum
Die Popularität ist ungebrochen. Zum 150. Jubiläum wurde groß gefeiert, und auch 2025 stehen wieder Festtage im Zeichen des dampfenden Kessels. Zwischen Bier, Musik und Weißwurstfrühstück wird der Wärschtlamo nicht nur als kulinarisches, sondern auch als identitätsstiftendes Erbe gefeiert.
Bierfest & Wärschtlamo in Hof
Am 6. September ab 13 Uhr und am 7. September ab 10 Uhr verwandelt sich das Labyrinth im Theresienstein in eine Festmeile. Besucher erwartet frisches Bier, Bratwürste, Steaks, vegetarische Wraps, ein Weißwurstfrühstück sowie Kaffee und Kuchen. Ein Shuttleservice bringt Gäste, die nicht gut zu Fuß sind, bequem vom Parkplatz Plauener Straße direkt zum Festgelände.
So bleibt die Figur weit mehr als ein mobiler Würstchenverkäufer. Sie ist ein Symbol für Bodenständigkeit, für Heimat und für die charmante Eigenart einer Stadt, die ihrem „Wärschtlamo“ längst ein Denkmal im Herzen gesetzt hat.

Nach 20 Jahren Krieg, Krise und dem Großenganzen journalistisch in das beschauliche Vogtland gewechselt. Ein Momentesammler und Geschichtenerzähler. Neugierig, nahe an den Menschen und manchmal ein bisschen frech. :) Folge mir doch auf X (ehemals Twitter)