Titelbild: Jürgen Dirrigl – Trutz v. Rochow vor seinem ganz persönlichem Mauerblümchen
Gestern öffnete sich in Nürnberg eine kleine Tür in eine andere Welt: die des Mauerblümchens. Zwischen Skulpturengarten und Stadtgraben wartet eine Oase, die man erst finden muss – und dann nie wieder missen möchte.
Manchmal braucht es nur einen Schritt um die Ecke, und man steht plötzlich an einem Ort, der anders ist als alles ringsum. Am 6. September 2025 öffnete an der Frauentormauer 11 das Café Mauerblümchen, eine Genussoase, die sich zwischen dem Skulpturengarten und dem Sterntor Parkhaus versteckt. Ein Ort, den kaum jemand kennt und der doch mitten in Nürnberg liegt: urban, voller Leben – und zugleich ruhig genug, um einfach dazusitzen und miteinander zu reden.
Café Mauerblümchen auf einen Blick
- Ort: Nürnberg, Frauentormauer 11, zwischen Skulpturengarten und Sterntor-Parkhaus
- Öffnungszeiten 2025: Samstag:10-22 Uhr / Sonntag 10-18 Uhr
- Ab 2026: Donnerstag–Sonntag geplant
- Kaffee: Julius Meinl, klassischer Espresso-Stil, Cappuccino statt Latte
- Wein: klein, kuratiert, mit persönlicher Handschrift
- Bier: Nürnberg & Starnberger See, alkoholfrei vorhanden
- Plätze: ca. 60 an Tischen, insgesamt bis 100
- Barrierefrei, tierfreundlich
- Betreiber: Trutz v. Rochow

„Mehr Lust als Last“
Als Trutz v. Rochow das leerstehende Häuschen in der Stadtmauen zum ersten Mal betrat, war der Funke sofort da. „Mehr Lust als Last“, beschreibt er den Moment, als für ihn klar war, genau an dieser Stelle ein Café zu eröffnen. Die Sandsteinwände, die hohen Decken, das alte Gemäuer – all das holte ihn ab. Auch wenn es schmuddelig wirkte, war ihm schnell klar: Hier lässt sich etwas schaffen. Vor allem draußen, in dem kleinen Hof, wo die Sonne auf die alten Mauern fällt und die mächtigen Linden immer genügend Schatten spenden, sollte ein Platz der Begegnung entstehen.
Und so wurde die Idee zu einem Ort. Der Hausherr diese Ensembles steht heute am liebsten mit ’nem Glas Weißwein und Espresso an einem der sechs alten Weinfässer in der Sonne, mit Blick auf die Oper. Genau dieses Bild prägt das Cafè: kein durchgestylter Spot, sondern eine kleine Perle, die entdeckt werden will.
Geschichte, die bleibt
Das Häuschen war einst ein Pissoir, später ein unauffälliger Treffpunkt für schwule Männer. Spuren davon sind noch sichtbar – handgeschriebene Handynummern an den Wänden, die Rochow bewusst nicht entfernt hat. „Das gehört hierher“, sagt er. Gegenüber erinnert das Denkmal für die homosexuellen Opfer des Holocaust. Aus dem “Lost Place” ist heute ein Ort geworden, der seine Geschichte nicht verdrängt, sondern behutsam weiterschreibt – als Platz, an dem man sich willkommen fühlen darf.

Kaffee mit Haltung
Kaffee gibt es in Nürnberg reichlich. Doch Rochow wollte etwas Eigenes. Er probierte rund 40 Röstungen, bevor er sich für Julius Meinl entschied – den Wiener Traditionsröster, dessen Name für viele mit der klassischen Kaffeehauskultur verbunden ist. Sein Espresso ist klar im Profil: nicht säurig, nicht fruchtig, sondern so, wie man ihn in Italien an einer Raststätte bekommt – kräftig, direkt, ehrlich. Gebrüht wird auf einer alten italienischen Maschine, die er restaurieren ließ. Latte Macchiato? Gibt es nicht. Stattdessen setzt er auf die Rückkehr zum Cappuccino: “Espresso und Milch, wie es sein soll”.

Wein: klein, fein, persönlich
Auch das Weinsortiment trägt seine Handschrift. Es ist übersichtlich, sorgfältig ausgewählt und spiegelt vor allem wider, was er selbst gern trinkt. Offene Weißweine, ein Rosé, dazu wechselnde Flaschen, oft aus Franken, manchmal aus Rheinhessen oder von Reisen in den Süden mitgebracht. „Ich bin so klein, ich kann nicht alles haben“, sagt er. „Also konzentriere ich mich auf das, was ich gut finde und lade die Leute ein, es mit mir zu teilen.“
Bier, Kuchen und kleine Freuden
Natürlich sind auch die Biertrinker willkommen. Mit einer Auswahl aus Nürnberg und vom Starnberger See bleibt das Mauerblümchen beim Qualitätsprinzip. Für den süßen Moment gibt es kleine Stücke Kastenkuchen, auf Anfrage und ohne dass eine große Kuchentheke den kleinen Innenraum zustellt. Alles bewusst reduziert, damit das Café nicht übervoll wirkt, sondern leicht und offen bleibt.

Hunde, Kinder, Nachbarn
Beim ersten Probelauf standen draußen 50 Menschen, dazu sieben Hunde und zehn Kinder. Und es funktionierte. Hunde sind ausdrücklich willkommen, ebenso “Katzen und Schildkröten – ein absoluter Tierplatz“, wie der Betreiber lachend sagt. Und während nebenan ein Freund sein eigenes Café betreibt, glaubt Trutz nicht an Konkurrenz, sondern an Nachbarschaft. Gäste wechseln von einem Ort zum anderen, und beide Seiten gewinnen.
Blick nach vorn
Die Stadt hat große Pläne für den Burggraben und das direkte Umfeld. Für 2030 ist die urbane Landesgartenschau angekündigt. Trutz v. Rochow ist mit der Stadt im Gespräch, vielleicht entsteht in der Nähe sogar etwas für Kinder – eine kleine Spielfläche oder Ähnliches. Sicher ist: Die Ecke, lange ein vergessener Fleck, soll in den kommenden Jahren aufblühen. Und das Mauerblümchen steht mit seinem Namen schon jetzt dafür.
Nach 20 Jahren Krieg, Krise und dem großen Ganzen journalistisch in das beschauliche Vogtland gewechselt. Ein Momentesammler und Geschichtenerzähler. Neugierig, nahe an den Menschen und manchmal ein bisschen frech. :) Autorenprofil/Vita